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Brief vom 9. Dezember 1705

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


282.


[428]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hanover.

Versaille den 9 December 1705, um 8ten abendts.
Hertzliebe Louisse, ich schreibe Eüch heütte, ob es zwar erst morgen mein schreibtag ist. Allein weillen mich mein miltz bey dem schlimen wetter ein wenig plagt undt mir ordinarie keine ruhe lest, biß ich es braff geschüdelt, alß werde ich morgen ein tour nach Paris thun, meine enckelen besuchen undt daß opera sehen undt nach dem opera wider her. Ich kan also morgen ohnmöglich ahn Eüch schreiben. Ich dancke Eüch, liebe Louise, vor daß pflaster von Nürnberg, so Ihr mir geschickt; es solle daß rechte sein. Ich hette gern getrucktes, wozu es alß gutt ist. Ihr schreibt mir nicht, waß es kost. Man bitt mich noch umb mehr; werdt mir also gefahlen thun, mehr zu schicken undt vom besten. Exercitzien ist ma tante allezeit woll bekomen. Die comedien gefahlen mir woll oder übel (wen sie ahn sich selber gutt sein), wie sie gespilt werden; werden sie woll gespilt, sehe ich gern eine serieusse, so mich touchirt, undt darnach habe ich auch gern waß zu lachen wieder. Nach die kleyder sehe ich nie nicht, weiß nie, wie sie gekleydt, es seye den etwaß ridiculles. Die serieussen sachen in der weldt werden nicht so ahngenehm vorgebracht, alß in den commedien. In den historien seindt mehr lügen, alß in den commedien; den da raisonirt man undt gibt ursachen von den evenements, woran kein mensch nie gedacht hatt. Die commedien seindt, wie die weldt geht. La mort de Pompée ist ein recht schön stück. Solche noble sentiementen nehren die seel undt thun mehr guts, alß eine predig; den man meint, der prediger seye davor bezahlt, über die laster zu schmehlen; aber durch exempel zu sehen, waß lob die tugendt erwirbt undt waß verachtung daß laster nach sich zicht, daß [429] touchirt mich mehr. Ihr betrigt Eüch woll, wen Ihr meint, daß kein zusatz in den historien ist; nichts ist partialler. Mich verlangt auff die zukünfftige post, umb zu erfahren, ob ma tante vapeur zu keinen fieber geworden sein. Die vapeurs möchten woll kommen, daß ma tante etliche trawerige erinerungen verschluckt, so Hannover I. L. geben hatt. Waß mich diß glauben macht, war die rohte naß undt augen, so Ihr sagt, liebe Louisse, daß I. L. gehabt hatten, daß sie also woll threnen mag verbißen haben, welches sehr ungesundt ist. Gott sey danck, daß sie sich andern tags beßer befunden haben undt wider woll wahren! Daß gibt mir wider hoffnung, daß nichts übels folgen wirdt. Daß Amelis undt Ihr zugleich schreibt, bedarff gar keine entschuldigung; den Ewere beyde brieffe seindt mir allezeit ahngenehm. Adieu, liebe Louisse! Seydt versichert, daß ich Eüch allezeit recht lieb behalte!
Ich bitte Eüch, schickt doch hir beyligenden brieff ahn monsieur Harling!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 9. Dezember 1705 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 428–429
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0282.html
Änderungsstand:
Tintenfass