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Brief vom 24. Dezember 1705

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


285.


[432]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.

Versaille, donnerstag den 24 December 1705.
Hertzliebe Louise, vergangenen sontag habe ich Ewer schreiben von 10 December zu recht entpfangen. Es bedorffte keine entschuldigung, daß Ihr mir nicht gleich wider geantwortet haben; ich weiß, wie es ist, wen frembte bey hoff sein. Ich kene den mylord Marlbouroug, war vor dießem gar ein schönner mensch von taille undt von gesicht, solle sich aber nun sehr geendert haben. Es ist gewiß, daß er gutte qualiteten [hat]; er hatt aber auch böße undt seinen herrn verrahten zu haben, dem er die groste obligation von der weldt hatte, deßen favorit er war, daß kan ich ihm gar nicht loben noch gutt heißen. Wen mylord Sunderlandt der ist, so hir abgesanter geweßen, so könne ich ihn auch. Die sach vom monsieur Brauns mag ma tante woll gritlich gemacht haben; so sagen verdrießen etlich mahl mehr, alß etwaß rechts. Ich weiß nicht, wie man dem menschen die sach gutt heißen kan. Were es zu Heydelberg geschehen, hette der cavalier fort gemüst. Wie Ihr mir den monsieur Braun beschreibt, kan man woll von ihm daß sprichwort sagen: Die liebe ist wie der thaw, felt so halt auff einem kühtreck alß einem rosenbladt. Adieu, liebe! Ich habe noch ein par brieff zu schreiben, hernach werde ich mich auff morgen prepariren, umb zum h. abendtmahl. Die mitternachtsmeß ist mein sach nicht, ich schlaff drüber ein. Geht die post recht, so entpfangt Ihr dießen brieff den neüjahrstag; wünsche Eüch derowegen langes leben, gesundtheit, vergnügen undt waß Eüch ahn leib undt seelle nutz undt seelig mag sein, und behalte Eüch von hertzen lieb.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 24. Dezember 1705 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 432–433
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0285.html
Änderungsstand:
Tintenfass