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A mad. Amilie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 21 Januari 1706.
Hertzliebe Amelise, meine geschwulst ahm fuß wehrt noch;
dancke Eüch sehr, daß Ihr Eüch es leydt sein laßet. Ich brauche
daß Nurnberger pflaster nicht; weillen es zicht, fürchte ich, daß,
wen ich es auff meinen geschwollen fuß thete, mögte es ein
geschwer zigen. Man weiß hir nicht, waß froschley-pflaster ist. Ich
glaub, daß daß ey mitt frische butter gutt ist, wen mans gleich
auff den vertrettenen undt verstauchten fuß thut, aber 6 wochen
hernach, glaube ich, daß es zu spät ist; den biß sontag wirdt es
just 6 wochen sein, daß ich gefallen bin. Wen man alt wirdt,
endert man von natur; wie ich noch jung undt in Ewerm alter war,
liebe Amelise, heilte ich geschwinder, alß jemandts; nun aber gehts
langsam her. Es seindt offt geringe mittel, so beßer helffen, alß
all der balbir ihr geschmier. In dießer weldt, liebe Amelise, ist
es nicht zu rechnen, daß man ein volkomen vergnügen haben könte;
wen nur nicht alles übels geschicht, so geschehen könte, hatt man
woll gott zu dancken; bin Eüch nicht desto weniger sehr
verobligirt, mir so viel guts zu wünschen. Ich wuste, daß Ihr so ein
gutter docktor seydt. Ich gehe ein wenig beßer nun, aber ich kan
noch nicht woll steygen. Ich habe die masqueraden hir auch nicht
geliebt, bin doch wider meinen willen bey manche geweßen. Gott
gebe, daß diß carnaval lustiger abgehen möge, alß daß vom
vergangenen jahr! Ich habe von [herzen] gelacht über waß Ihr mir von deß
schusters fraw verzehlet habt, die sich einbildt, man vissitire die
leütte auß der redoutte. Ihr thut woll, nur hin zu gehen, wo
Eüch gefehlt. Waß divertissementen betrifft, muß [man] ja den
freyen willen haben. Adieu, liebe Amelisse! Ich ambrassire Eüch
von hertzen undt behalte Eüch allezeit lieb.
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