[438]
A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 31 Januari 1706.
Hertzliebe Louisse, ich hatte schon willens, Eüch vergangenen
donnerstag auff Eweren lieben brieff von 12 dießes monts zu
andtwortten. Allein wie ich ungefehr erst ahn Amelisse geschriben hatte
undt eben die feder wider nahme, ahn Eüch auch zu schreiben,
ließ mich monsieur le Dauphin in die mussiq hollen, hatte also
nicht mehr zeit, alß meine paquetten zu machen, habe es also biß
heütte auffschieben müßen; werde also heütte auff zwey von Ewere
lieben schreiben auff einmahl beantworten. Ich dancke Eüch vor
die 4 letzte schachteln von Nurnberger pflaster. Ihr schreibt mir
aber nicht, waß es kost. Ich laße es nicht vor mich kommen; den
ich brauche selten pflaster, noch andere remedien; aber viel leütte
haben mich drumb gebetten. Ahn meinen fuß habe ich es nicht
wagen wollen, weillen es zicht, undt mich deücht, wen man so
übermäßig fett ist, alß ich bin, solle man keine humoren auff die
beine zigen, es mogte etwaß übels drauß werden. Mein fuß will
noch nicht heyllen, ist noch alle abendt sehr geschwollen. Ich
brauche daß italienisch wurmöhl, welches mir so woll ahn meinem
verrenckten arm bekommen ist. Ich befinde mich auch sonsten
nicht zum besten, habe einen abscheülichen husten mitt von Marly
bracht, aber daß wirdt schon wider vergehen. Ich sage von hertzen
amen auff den wunsch, so Ihr, liebe Louisse, thut, daß ma tante
lange jahren in gesundtheit möge erhalten werden. Die
masqueraden werde ich baldt müdt, wen nichts possirliches dabey ist. Es
war ein bal en masque vergangenen freytag nach dem nachteßen
zu Marly, aber ich sahe ihn nicht, ging hübsch nach bett. Von
commedien halte ich mehr, war auch gestern hir in Rodogune undt
le soldat habile, so sie zimblich woll spilten. Ma tante hatt
geschriben, wie dem gutten baron in gartners kleydt gefrorn; dem
wirdt auch woll der husten nicht gefehlt haben. So seindt die
[439]
plaisir ahngenehm, wen sie gantz ohne zwang sein. Le 13 habe
ich vor dießem gespilt. Ich weiß nicht, wer der alte oberst
Hamerstein ist. Ist es vielleicht der, den wir alß Fräntzgen hießen
undt cammerjuncker bey meins brudern gemahlin geweßen? In
meine sin ist eine kleine geselschafft, wo man frey mitt ist,
ahngenehmer, alß ein großer schwarm, wobey man gezwungen sein
muß. Le treise kene ich woll, habs vor dießem gespilt. Man kompt
mir alleweill sagen, daß es 8 geschlagen. Ich muß ahn mein
dochter schreiben undt noch 2 andere brieff nach Paris, kan also
noch dießmahl meine intention nicht volführen, auff Ewere beyde
brieff zu andtworten; werde den vom 19, so ich gestern entpfangen,
biß auff donnerstag sparen; ambrassire Eüch von hertzen undt
versichere Eüch, liebe Louisse, daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb
behalte.