[441]
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 11 Februari 1706.
Hertzliebe Louise, worumb dörfft Ihr mir nicht gleich
andtwortten, wens ahn Amelise zu schreiben ist? Es kan ja gar nichts
schaden, wen Ihr mir gleich beyde zugleich schreibt. Ich glaube,
daß etliche adern ahn meinem fuß verrenckt sein oder gar
gebrochen; den es thut mir noch wehe undt geschwilt alle abendt. Die
gelenck seindt nicht auß einander; den wen daß were, könte ich
nicht so fest auff den fuß tretten, alß ich thue. Waß mich ahm
wehesten thut, ist wie ein circle just umb den fuß herumb hinter
den hacken undt oben, wo man den schue zumacht, so gantz rings
herumb. Es thut mir nicht weher im gehen, alß wan ich nicht
gehe. Morgendts, wen ich auffstehe, ist mein fuß undt bein schir
wie daß ander, aber alle abendt geschwildt es sehr; je mehr ich
gehe, je ärger es wirdt; es ist wunderlich. Ma tante, die fraw
churfürstin, hatt mir dißmahl gar exact ihren zustandt bericht undt
wie sie übel über taffel worden sein. Ihr thut mir aber doch, liebe
[442]
Louisse, einen rechten gefahlen, mirs auch zu schreiben; damitt
sehe ich doch, daß es nicht schlimmer ist, alß I. L. mirs sagen. Ich
hoffe, daß, weillen ma tante so braff außgespeihet, daß dießer
husten undt schnupen zu dero gesundtheit dinnen wirdt. Gott gebe
es! Sr Ortance bitte ich, liebe Louisse, sehr zu dancken, daß er
noch ahn mir denckt. Fragt ihm von meinetwegen, ob er seine
Lissette jetzt so lieb hatt, alß er zu meiner zeit Felitz gehabt hatt,
umb welcher willen er mir zu Hannover offt vissitten geben hatt!
Leütte, so so viel verstandt haben, alß er, können alles woll
threhen. Wen ich ihn sehen solt, würden wir offt von unßern
hündtger sprechen; den ich liebe sie so sehr alß er; einer von
ihnen, so Titti heist, ligt immer auff meiner taffel, wen ich schreibe.
In ein par stunden werden wir nach Marly, werde derowegen
schließen; den ehe ich weg fahre, muß ich noch 6 brieff schreiben.
Adieu den, liebe Louisse! Seydt versichert, daß ich Eüch allezeit
lieb behalte!