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Brief vom 17. März 1706

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


302.


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A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.

Versaille den 17 Mertz 1706.
Hertzliebe Louisse, ich schreibe Eüch heütte; den ich förchte, daß ich morgen nicht der zeit dazu finden werde, weillen wir morgen die letzte commedie haben werde, welche früher, alß ordinarie, ahngehen wirdt, undt ich morgen auch noch vor übermorgen schreiben muß. Den übermorgen fahr ich nach Paris, wo ich etliche wenige geschäfften habe; werde im opera bleiben, erst gegen 11 abendts wider her kommen, undt weillen ich doch die post nicht verseümen will, ahn Eüch undt Amelise zu antwortten, so thue ich es dießen abendt. Ich weiß gar woll, wie es kompt, daß ich meine brieffe so unrichtig entpfangen undt die meinen auch so doll. Es ist der postmeister schuldt nicht, sondern deß ministre; der oberpostmeister ist schuldt, der will allezeit alle meine brieffe leßen, umb den könig davon ahnzutragen, waß ihm beliebt. Er kan nicht viel teütsch, man muß ihm unßere brieffe übersetzen, deßwegen gehen sie so unrichtig; den er lest sie nur nach seiner gelegenheit wider zu machen undt lieffern; dadurch aber erlangt er meinen [450] segen nicht. Gott verzey mirs! aber ich verfluche diß mantgen offt. Ich glaube, es hatt ihm unglück bracht; den er ist nun kranck. Ich versichere Eüch, liebe Louise, daß deß gutten ehrlichen monsieur d’Altoviti würmohl trefflich ist undt hatt mir die schmertzen vom fuß benohmen. Erinert Ihr Eüch deß Altovitis nicht mehr? Ihr habt ihn so lang zu Heydelberg gesehen, ein gutter ehrlicher [mann], aber gar heßlich, ein lang schmahl gesicht, gar große naße, die augen klein undt nahe bey der naße undt düne lefftzen, schwartze augbrawen undt sehr mager, trug eine blunde peruque. Waß mir noch gar woll ahn meinem fuß gethan, ist ein fußbadt, so mein dockter mir verortnet, waßer, wein undt von den braunrohte roßen sambt allerhandt kreütter, alß rossemarin, lavendel, thimian, salbey, camillen; ich weiß nicht, waß noch mehr drin ist. Daß bekombt mir recht woll undt sterckt mir den fuß. Gott seye danck, daß ma tante, die fraw churfürstin, sich so woll befindt, da nun überall alles voller husten undt schnupen ist! Gott erhalte I. L. lange bey gutter undt volkommener gesundtheit! Daß geschicht mir auch offt, daß mir die brust pfeyfft; es seindt windt, daß vergeht baldt wider. Ich habe seyder 10 tagen ein braffen husten gehabt, fengt nun ahn, wider zu vergehen. Ich habe nichts davor gebraucht, im ahnfang nur ein par schallen waßer gedrunken, undt wen der husten ahm starcksten, ein wenig von dem indianischen cachou geeßen; dadurch ist er verfault, werff braff auß. Le grondeur ist baldt gespilt, hatt nur 3 acten; man spilt es hir zum poßenspiel. Wen man zamen sprechen will, ist nicht nohtig, in die commedie zu gehen. Ich kan nicht leyden, daß man in der commedie reht, mache alß alles umb mich herumb schweygen. Wie Ihr mir von der fraw von Degenfelt sprecht, muß sie recht gutt sein undt ein recht gutt gemühte, Eüch zu besuchen kommen sein. Ihre zwey töchter sollen recht schön sein. Es ist noch beßer, daß scheyden wehe thut undt man die sicht, so man lieb hatt, alß nie nicht. Freyllich höre ich gern von h. Max kinder reden; den er war ja mein gar gutter freündt. Hirmitt ist Ewer schreiben, liebe Louisse, vollig beantwortet; bleibt mir nichts mehr überig, alß Eüch zu versichern, daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 17. März 1706 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 449–451
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0302.html
Änderungsstand:
Tintenfass