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Brief vom 11. April 1706

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


305.


[453]

A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Hanover.

Versaille den 11 April 1706.
Hertzliebe Amelise, gott sey danck, daß ma tante husten so geschwindt undt baldt geendet hatt! Seyder 14 tagen haben wir daß schönste wetter von der weldt hir, mache es mir so viel zu nutz, alß ich kan. Mein fuß thut mir nich gar wehe; ich gehe auch [454] woll eine gutte stundt mitt spatziren, abendts aber geschwilt er noch. Ihr seydt sehr devot, den sontag nicht außzugehen; aber ich halte eine vissitte gefahrlicher, alß eine comedie; den es ist schwer, nicht in vissitten von seinem negsten zu reden, welches eine großere sünde, alß ein spectacle zuzusehen. Ich wurde nicht aprobiren, daß man den sontag in die comedie ginge, ahnstatt in kirch; aber wen man seine schuldigkeit bey gott abgelegt, finde ich, wie schon gesagt, daß ein spectacle weniger gefahrlich vor daß gewißen ist, alß die conversation. Louisse meindt, daß graff Brockdorf 25 jahr alt ist; daß wer 10 jahr alter, alß seine braudt. Ich habe nicht gewust, daß er verliebt von dem Wilhelmel geweßen. Es ist doch ein gutt vertrawen, so der graff zu Eüch tregt, daß er Eüch bitt, seine fraw zu ziehen; also werdt Ihr ihr Ewer gutten raht nicht versagen können. In dem alter hatt man raht von nöhten; daß kan ohne zwang geschehen; den wen man daß seine gesagt hatt undt man Eweren raht nicht folgt, seydt Ihr nicht mehr schuldig, weitter zu rahten. Man rufft mich, umb in die kirch zu gehen; muß also enden vndt vor dießmahl nichts mehr sagen, alß wie daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 11. April 1706 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 453–454
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0305.html
Änderungsstand:
Tintenfass