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A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 17 Juni 1706.
Hertzliebe Louise, vergangen sambstag habe ich Ewer
schreiben vom 4 dießes monts zu recht entpfangen, aber Ihr wist woll,
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daß die antwortten alß auff den donnerstag müßen verschoben
werden. Heütte hette es schir gefehlt; den ich habe zwey
extraordinarie brieffe bekommen undt beantworten müßen, einen ahn meine
dochter durch einen expressen courir undt einen von dem
residenten vom landgraffen von Cassel, so mir meines vettern todt
notificirt; aber daß ist hiemitt geschehen. Es ist mir lieb, daß Ihr
meine brieffe so richtig entpfangt. Nichts ist ungesunder, alß nie
zu gehen; davon werden die fraw von Rotzenhaussen undt ich hir
nicht kranck werden; den wir spatziren alle abendt 5 viertelstundt.
Dem elsten herrn von Degenfelt ist es woll zu verzeyen, nicht
starck zu gehen; den es ist keine lust, zu gehen, wen man nicht
sicht; aber die andern zwey hetten woll gehen können. Gar dick
sein undt hündtger lieben daß gleicht mir wie zwey dropffen
waßer. Lenor ist gar naturlich undt nicht gezwungen; es wundert
mich offt, wie sie noch so von hertzen lachen kan. Melancolisch
bin ich nicht, aber ich kan nicht mehr so von hertzen lachen, wie
ich vor dießem gethan, undt die occassionen, von hertzen zu
lachen, seindt rar hir; alles ist gar serieux. Ma tante rümbt den
mylord Halifax sehr. Von mylord Dorset sagen I. L., er were
rohe, hette von nohten, daß die son ihn reiff macht. Ich finde,
daß der graff Rosenberg kein unrecht hatt, lieber zu Hannover zu
sein, alß auff der universitet zu Utrecht. Ich beklage die allezeit
auff beyden seyden, so die ihrige verliehren. 4 printzen in Hessen
were genung, wen sie nur leben blieben. Ich habe noch heütte 3
große brieffe zu schreiben undt habe schon 4 geschrieben; werde
Eüch also, liebe Louisse, vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß
ich recht fro würde sein, wen ich Eüch persuadiren konte, daß ich
Eüch von hertzen lieb habe.