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Brief vom 28. Oktober 1706

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


335.


[483]

A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.

Versaille den 28 October 1706.
Hertzliebe Amelise, vergangen sontag habe ich zwar Ewern lieben brieff vom 12 zu recht entpfangen, aber ohnmöglich drauff andtworten können; den es war ein courir von mein sohn hir, muste also ahn ihn undt seine leütte schreiben, dazu noch ahn ma tante, ahn die königin in Spanien, ahn mein dochter undt 3 briff nach Paris, ware also zu müde, umb mehr zu schreiben, habe es biß auff dieße post verschieben müßen. Mein sohn ist, gott seye danck, nun wider woll von seinen wunden. Es ist ihm aber wider [484] ein neü unglück zugestoßen. In seiner reiße von Briançon nach Grenoble ist sein pferdt mitt ihm gefallen undt hatt sich wehe ahm fuß gethan; den im aufstehen ist daß pferdt ihm auff den fuß undt bauch getretten; doch ein groß glück, daß er nicht auff dem arm gefahlen, wo die wundt ist, noch daß das pferdt nicht drauff getretten hatt. Von der suma gelts, davon Ihr sprecht, habe ich nichts gehört. Der könig mag woll, wie offt geschicht, gelt vor die troupen geschickt haben; aber ich bin gewiß, daß meinem sohn kein gelt ist geschickt worden. Langwirige kriege machen allezeit daß gelt rar. Frieden were vor jederman zu wünschen. Hette die generallen meinem sohn folgen wollen, wer gantz Ittallien deß königs; aber es war anderst im himmel beschloßen, undt wen daß ist, muß sich alles dazu schicken. Mein sohn ist glücklich, daß man ihm doch die justice thut, zu sagen, daß es seine schuldt nicht ist. Ich bin Eüch, liebe Amelise, sehr verobligirt, daß Ihr mich zu trösten sucht. Nun mein sohn wider woll, bin ich schon getröst. Gott bewahr nur vor ferner unglück! Den mein sohn ist recht unglücklich diß jahr. Solte er also wider in campagne gehen, wie leicht geschehen könte, würde mir wider recht bang vor ihm werden. Gott wolle unß beystehen! Adieu, hertzliebe Amelisse! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt versichere, daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 28. Oktober 1706 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 483–484
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0335.html
Änderungsstand:
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