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Brief vom 11. November 1706

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


337.


[486]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.

Versaille den 11 November 1706.
Hertzallerliebste Louise, ich kan Eüch nun sichere zeittungen von meinem sohn sagen; den vergangen montag umb 3 uhr kame er gantz unvermuhten auff der post hir ahn. Er ist, gott lob, nun gesundt; aber er wirdt all sein leben lahm bleiben, er kan nur den daumen undt ersten finger regen, die 3 andern seindt einwardts gebogen, wirdt sie sein leben nicht strecken können. Aber es ist viel, daß er noch bey leben ist; den hette er kein harnisch ahngehabt, hette er 15 todtlich wunden bekommen. Mein sohn hatt gar nichts von sein esquipage verlohren. Ich wünsche den frieden woll von grundt meiner seelen, wie leicht zu erachten ist. Man sicht hir die verenderung deß glücks; aber weillen daß glück auff einer kugel oder raht stehet, so muß man hoffen, daß es wider vor hir auch threhen wirdt. Ich finde, daß freüllen Pelnitz zu loben ist, niemandts mehr nach ihrer königin zu dinnen, weillen sie zu leben hatt. Sie machts auch, wie St Paulus sagt: Wer heüraht, thut woll; wer nicht heüraht, thut beßer. Daß were auch woll mein sin geweßen, wen es sich hette schicken können; aber es ist mein destin nicht geweßen. Buben zu lieben, vergeht selten bey den mansleütten; aber wie mylord Raby verstandt hatt, helt er die sach gewiß heimlich. Wen man jung ist undt verstandt hatt, lernt man alles baldt, also wirdt monsieur Poltney baldt in alles schicken zu Berlin. Ich habe ahn Amelise vergangen woche geschrieben, war in sorgen vor Eüch; den Ewere regullaritet ist mir gar zu bekandt, umb nicht zu fürchten, daß ihr übel auff seydt, wens ahn Eüch zu schreiben ist, liebe Louise, undt daß ich kein schreiben von Eüch entpfange. Danckt ma tante demütigst vor die gazette, welche recht curios zu leßen war! Ihr werdt mir einen gefahlen thun, wen Ihr mir die schicken woldt, so Amelise alle woch bekompt. Ich erfrewe mich mitt Eüch, daß die königin mutter in Denemarck Eüch ein schön contrefait geschickt; allein sie hette Eüch woll selber dabey schreiben konnen. Hirmitt ist Ewer schreiben vollig beantwortet, undt wir haben nichts neües hir; [487] werde also nichts mehr sagen, alß wie daß ich Eüch, liebe Louisse, von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 11. November 1706 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 486–487
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0337.html
Änderungsstand:
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