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A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 9 Decembris 1706.
Hertzliebe Amelise, ich bitte Eüch, nembt nicht mehr so gar
weiße dinten! den nun ich alt geworden, habe ich mühe, so weiße
tinten zu leßen. Ihr halt Ewere ordenung gar richtig, jedoch so
habe ich heütte nichts von Louisse entpfangen. Weinberg wirdt
nun woll wider bey Eüch sein. Ihr könt woll gedencken, liebe
Amelise, daß ich allezeit mein bestes vor die thun werde, so Ihr
mir recommandirt. Ich dancke vor die gedruckte zeittung; dadurch
sehe ich, wie es in Teütschlandt zugeht, ob es zwar nichts neües
mehr ist; es ist noch beßer, waß altes zu wißen, alß gar nichts.
Ich habe auch schon dran gedacht, daß der könig [in] Schweden
viel von meinem armen bruder s. hatt. Seyder könig Augustes so
einen liederlichen undt leichtfertigen frieden gemacht, kan ich ihn
nicht mehr leyden. Daß ist woll ein großer irtum, wen man
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meindt, die gantze weldt zu corigiren; man hatt ja mühe, sich
selber zu corigiren undt zu beßern, will geschweygen andere, undt
wie Ihr gar woll sagt, daß kompt gott allein zu. Ewere tinten ist
so weiß, daß man daß gekletter nicht sehen kan, undt meritirte
nicht, wider abgeschrieben zu werden. Nun Louise sicht, wie
lustig die cronprintzes ist, solte sie sich ihrer abweßenheit trösten.
Adieu, liebe Amelise! Ich habe schon 22 bogen ahn ma tante
geschrieben, muß noch ahn die von Maubuison schreiben undt 2
brieff nach Paris; kan derowegen nichts mehr sagen, alß wie daß
ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte.