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Brief vom 27. März 1707

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


353.


[012]

A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.

Versaille den 27 Mertz 1707.
Hertzliebe Amelise, man sagte zu meiner zeit in Teütschlandt: Ein schelm, der sein wordt nicht helt; also muß ich Eüch woll heütte schreiben. Ob ich zwar so einen abscheülichen husten undt schnupen habe, daß ich weder sehen noch reden kan, so will ich Eüch doch heütte schreiben undt auß einem irtum helffen. Ich sehe, daß Ihr meinen sohn vor einen prince du sang halt, aber er ist es nicht. Seinen standt heist man petit fils de France undt der hatt einen größern rang undt viel mehr privillegen, alß die prince du sang; sie saluiren die königinen, sitzen vor ihnen, fahren in ihren kutschen, welches prince du sang nicht thun dörffen. Ihre domestiquen haben freyheitten, werden wie les enfants de France par quartier gedinnet, haben premier escuyer, premier ausmonier, premier maistre d’hostel; daß haben die prince du sang nicht, auch keine leibguart wie mein sohn, undt Schweytzerwacht, also in allem gar ein großer unterscheydt zwischen les prince du sang et petit fils de France. Ich höre alß recht gern, wie es in Teütschlandt zugeht, bin wie die alten kutscher, oder führleütte, die noch gern die peitsch klacken hören, wen sie nicht mehr fahren können; also [013] thut Ihr undt Louisse mir alß einen rechten gefahlen, mir zu berichten, wie es zugeht undt wie lustig man sich macht. Der hertzog von Schomberg würde das gröste unrecht von der weldt haben, wo er die gelegenheit vorbey gehen ließe, seine dochter zur fürstin zu machen. Weill der hertzog von Curland von bößem humor undt kräncklich ist, hettet Ihr ihn nehmen sollen, umb baldt eine fürstliche witib zu sein. Er hette Eüch viel vermachen können, den sie sollen viel baar gelt haben. Schönheit ohne gelt da fragt niemandt mehr nach. Mich verlangt, ob der könig in Schweden seine pagen wider fordern wirdt. Den gar großen printzen von Bevern kene ich woll undt zwey von seine herrn brüder; die zwey elsten kommen mir gar fein vor, der jüngste aber deücht mir ein wenig hönisch zu sein. Allezeit ist der wolffenbüttelische hoff gar höfflich geweßen. Zu oncle s. undt hertzog Jörg Wilhelms zeitten war es der hannoverische hoff auch, aber ich höre jetzt nicht mehr so viel lob vom hanoverischen. Ich muß enden, den ich habe noch ahn mein dochter zu schreiben undt mein husten plagt mich unerhört. Adieu! Auff ein ander mahl werde ich mehr sagen, aber nun nur versichern, daß ich Eüch recht lieb habe.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 27. März 1707 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 12–13
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0353.html
Änderungsstand:
Tintenfass