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Brief vom 26. Mai 1707

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


362.


[024]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.

Marly den 26 May 1707.
Hertzallerliebe Louise, ich werde heütte auff zwey Ewer lieben schreiben zugleich andtwortten; den vergangen sontag war es mir ohnmöglich, den alle sontag muß ich ahn die königin in Spanien, die regirende, ahn mein sohn, mein dochter, ma tante schreiben undt noch nohtwendig 4 oder 5 brieff nach Paris, also ohnmöglich, daß ich mehr schreiben kan, insonderheit wen wir mussiq haben, wie damahls geschehen. Bin recht fro, daß meine vorsorg Eüch so ahngenehm geweßen. Daß solte Eüch aber nichts neües sein; den Ihr wist woll, liebe Louisse, daß ich Eüch kinder allezeit lieb gehabt habe undt noch habe. Derowegen erfrewet mich allezeit Ewer wollstandt, bin aber in sorgen, wen Ihr kranck seydt, undt ob ich zwar alle hoffnung verlohren, Eüch in dießem leben wider zu sehen undt zu ambrassiren, so interessire ich mich doch in alles, waß Eüch betreffen kan. Ich kan nicht begreiffen, liebe Louisse, warumb Ihr so langsam wider zu kräfften kompt. Were es im winter, nehme es mich nicht wunder, aber im frühling, undt Ihr seydt noch jung. Daß kan ich nicht errahten, wie daß kommen muß; jedoch weill der apetit sich wider einstelt, hoffe ich, daß alles wider zu recht kommen wirdt, undt wünsche es von hertzen. Bouillons seindt dem magen nicht so gesundt, alß man woll meindt; sie überschwengen[1] den magen offt. Amelisse hatt vielleicht mehr geßen, alß Ihr, undt ist derowegen eher zu kräfften können.[2] Ein wenig vin dalicant[3] ist gutt, daß starckt den magen undt nehret; in den kinderblattern hatt dießer wein mir daß leben erhalten. Die medaillen seindt [025] artig, nehme sie mitt danck ahn. Eine hatte ich, aber die andere nicht, dancke recht davor. Ich forchte, die arme Pfaltz wirdt wider greülich leyden; den Villars hatt die linien bey Stolhoffen[4] forcirt undt ist nun zu Rasstatt. Man hatt eben kein groß unrecht, die rottlen zu scheüen; den von den rottlen bekompt man offt die blattern; aber wen 40 tag herumb sein, ist keine gefahr mehr. Ma tante steht nicht so groß gefahr auß; den die kranckheytten stecken eher die ahn, so junger, alß alter, sein. Ich erfrewe mich mitt Eüch, daß Ihr so ein schön contrefait bekommen von der cronprintzes. Daß ist alles, waß ich Eüch auff Ewerm lieben briff vom 10 sagen kan. Ich komme jetz auff den vom 13, dancke nochmahlen gar sehr vor die 2 letzte medaillen, wie auch, daß Ihr Eüch über meiner dochter glückliche niederkunfft erfrewet. Ich glaube, sie wirdt so viel kinder bekommen, alß tag im jahr sein. Ein gar hohes alter ambitionire ich nicht, nur daß ich gesundt möge bleiben, so lang ich zu leben habe. Adieu, liebe Louise! es ist spat. Ich habe heütte den hirsch gejagt, daß hatt mir eine stundt 3 im schreiben benohmen, welches mir jetzt leydt ist. Ich habe noch 5 brieff vor dem nachteßen zu schreiben, kan derowegen vor dießmahl nicht so lang blauttern, alß ich gerne wolte. Adieu, liebe Louisse! Seydt versichert, daß ich Eüch recht lieb behalte!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 26. Mai 1707 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 24–25
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0362.html
Änderungsstand:
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