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Marly den 26 May 1707.
Hertzliebe Amelise, vergangen sambstag habe ich Ewern
lieben brieff vom 13 dießes monts zwar zu recht entpfangen; weillen
wir aber selben tag auff die hirschjagt gingen, welche biß umb 7
abendts wehrte, konte ich ohnmöglich andtworten, undt sontags kan
ich noch weniger; den selben tag habe ich gar zu viel zu schreiben.
Heütte habe ich noch eines von Eüch, liebe Amelise, vom 16
entpfangen, will bey dießem frischten ahnfangen. Ihr kont mir nichts
ahngenehmers berichten, alß ma tante gutte gesundtheit. Gott
erhalte sie lange jahren dabey! Zu allen gutten wenschen sage
ich von hertzen amen. Man macht sich offt lustiger, wen man
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nur zwey oder 3 beysamen ist, alß wen große assambléen sein.
Ich komme jetzt auff Ewer erstes schreiben. Ihr habt gar woll
gethan, Eüch geschwindt von der heßlichen kranckheit loß zu
machen. Ich wolte, daß ich mitt Eüch beyde hette eßen
können; hette mir beßer geschmeckt, alß die groste festin hir. Es
geht jetzt anderst zu Hannover zu, alß zu meiner zeit; da aßen
die freüllen undt hoffmeisterinen ahns marchalcks taffel; wahren sie
kranck, schickte man, waß man begehrt. Ich finde ridicule, daß
die churprintzes ma tante nicht beßer andtwort. Ich wolte, daß
ich Eüch undt Louisse von meinem fett ein pfundt 50 schicken
könte; es blieb mir noch genung überig. Ma tante, die fraw abdißin,
ist wider gesundt, allein sie haben mühe, zu reden. Adieu, liebe
Amelisse! Ich habe noch viel zu schreiben heütte. Adieu! kan vor
dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch von hertzen
ambrassire undt lieb behalte.