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A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Hanover.
Versaille den 14 Augusti 1707.
Hertzliebe Amelise, Ewern lieben brieff von 26 Julli habe ich
zwar vor 8 tagen entpfangen, ohnmöglich aber ein augenblick finden
können, drauff zu andtworten; doch hoffe ich, es noch heütte zu
thun, ob ich zwar heütte nicht wenig zu thun habe, wie Ihr auß
Louissen brieff, so ich ihr schreibe, sehen werdet. Daß ich durch
Chasteauneuff geschriben, bedarff keiner dancksagung; wen ich der
zeit [habe], schreibe ich Eüch recht gern. Ihr kont zu Hannover
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schwerlich von serieussere sachen hören, alß nun hir vor sein. Den
25 wirdt der duc de Bourgogne undt sein herr bruder, der duc de
Bery, werden in die armee nach Provence gegen den hertzog von
Savoye; der jüngste geht nur alß volontaire, der elste aber wirdt
die armée commandiren. Man sagt, daß der erbprintz von Hessen,
mein vetter, schon vor Toulon umbkommen ist; daß jammert mich
recht, wie auch sein herr vatter undt fraw mutter. Der printzes
von Tarante
[1] sohn, der duc de la Trimouille, ist in einer
schrecklichen betrübtnuß; den er hatt seine gemahlin verlohren. Die
docktoren haben sie eben umbgebracht, wie unßer königin s. Sie hatte
ein geschwer; man hatt sie so offt zur ader gelaßen, daß daß geschwer
eingeschlagen, ist in wenig tagen gestorben. Ma tante schreibt mir,
daß der churprintz nicht mitt sein herr vatter in die armée geht.
Daß ist schimpflich, daß man bey sein weib sitzen bleibt, wen die
gantze welt in fewer ist, es seye dan, daß ihm sein herr vatter die
regirung auffgetragen hatt. Ich glaube, liebe Louisse, daß Ihr undt
ich dolle generals sein würden; hetten wir aber glück, würde man
unß so viel admiriren, alß man die unglücklichen blasmirt. Ich kan
aber nicht mehr blaudern, muß aufhören, den ich habe noch gar
zu viel zu thun; kan nur sagen, daß ich Eüch von hertzen lieb
behalte, lieb Amelise!