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Brief vom 14. September 1707

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


382.


[042]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.

Fontainebleau den 14 September 1707.
Hertzliebe Louisse, ich habe, ehe ich von Versaille weg bin, so viel interuption gehabt, daß ich unmöglich auff Ewern lieben brieff vom 27 August habe andtwortten [können]. Ich habe auch 3 von Amelisse bekommen, so ich heütte beantwortten; den die jagten haben noch nicht ahngefangen, habe also zeit. Ich versichere, daß Ihr nicht so recht gethan, alß Ihr meint, mir 2 posten nicht geschrieben zu haben; den ich habe Ewere liebe schreiben recht gern undt halte vor ein verlust, wen ich Ewern brieffen beraubt bin; [043] zu dem so schreibt Ihr so schön Teütsch, daß es mich in der muttersprach erhelt, aber die beste ursach ist, daß ich Eüch von hertzen lieb habe, also gern zeittung von Eüch habe. Liebe Louise, daß ist mir artiges genung, wen ich erfahre, daß ma tante, Ihr undt Amelisse in gutter gesundtheit seydt. Wen der churfürst weg wirdt sein, wirdt ma tante ja zum hertzog von Braunsweig, da wirdt es viel neües geben. Es ist schon so spät im jahr, [daß] I. L. deß churfürsten campagne nicht lang wirdt wehren können. Ich weiß woll, waß reveüen sein, daß sicht man hir alle jahr. Ihr werdet nun schon erfahren haben, daß die belagerung von Toulon auffgehoben undt also unßere printzen nicht in campagne werden, weillen die feinde Toulon verlaßen haben. In dießem augenblick bekomme ich eine zeittung auß Spanien, welche mich recht in sorgen sezt; daß fieber hatt meinen sohn zimblich starck ahngestoßen, alle seine leütte seindt kranck geweßen, nun ist er es auch. Er hatt mir selber geschrieben, meint, es seye nur von fatigue. Der hertzog von Savoye hette die leütte nicht so bludtübel tractiren sollen, wen er sie hette auff seine seytte bringen wollen, wie daß sprich- wort sagt: Mitt eßich fengt man keine mucken. Er hatt sich durch brenen, sengen undt violiren so erschrecklich verhast gemacht, daß kein Provancal ihn nicht selber gern umbs leben bringen mogte, lieber, alß sich ihm ergeben.[1] Es war ein mißverstandt, gott lob! mein vetter, der erbprintz von Cassel, ist in gutter gesundtheit. Man hatt Eüch recht [berichtet], ein conte de Salle hatten die deserteur vor meinen h. vettern genohmen. Wen dem churprintzen die regirung in seines herrn vattern abweßenheit solte aufgetragen [044] werden, müsten I. L. viel zu lehrnen haben, indem sie noch nie in den raht geweßen. Nicht allein der dauphin, sondern auch der duc de Bourgogne gehen hir im raht. Es war mir bang vor den cronprintz auß Preüssen; den daß were noch eine erschreckliche betrübtnuß vor ma tante geweßen, wen alles, waß ihr von ihrer lieben königin überig, gestorben were. Hirmitt ist Ewer briff ordtendtlich beantwort, bleibt nur überig, zu versichern, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 14. September 1707 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 42–44
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0382.html
Änderungsstand:
Tintenfass