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Brief vom 17. November 1708

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


396.


[058]

A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Heydelberg.

Versaille den 17 November 1708.
Hertzliebe Amelise, vor etlichen tagen habe ich Ewer liebes schreiben vom 6 dießes monts entpfangen undt umb Eüch zu erweißen, daß es mein rechter ernst ist, alle woch zu schreiben, so thue ich es heütte wider. Vergeßen werde ich Eüch mein leben nicht; aber wen Ihr sehen soltet, wie viel ich zu schreiben habe gehabt, so würdet Ihr wunder nehmen, daß ich so offt noch geschrieben habe. Ich hoffe, daß wir nun baldt meinen sohn wider hir haben werden; alßden spart es mir auch noch 3 brieff auffs wenigst. Daß ich nicht böß auff Eüch war, war leicht zu wißen auß zweyen ursachen, erstlich weillen Ihr mir nichts gethan, umb böß zu werden, undt zum andern weillen ich gar nichts hatte mercken laßen; den ich bin ja so natürlich, daß, wen ich daß allergeringste gegen jemahndts habe, halte ich es gleich vor. Daß freüllen von Ratsamshaussen hatt nichts, alß sich über die maßen zu rühmen ahn Ihrer mutter undt mir auch aller gnaden undt freündtschafft, so Ihr undt Louisse ihr bezeuget. Ewere schreiben werde ich mein leben nicht müde werden, contrarie ich bin recht fro, wen ich sie entpfange; den ich habe noch allezeit ein teütsches hertz undt gemühte undt Ihr thut mir allezeit einen rechten gefahlen, mir zu berichten, wie es in der gutten ehrlichen Pfaltz zugeht. Glaubt also gar nicht, daß Ihr mir zu offt kommen könt! Der mad. de Beuveron todt ist mir über die maßen zu hertzen gangen; den ich bin persuadirt, daß sie mich lieb gehabt hatt. Sie hatte meritten, gutten verstandt undt war mir trew undt daß findt man selten hir. Ich habe noch eine gutte freündin bey [mir], so ich [059] auch sehr liebe, welche voller meritten undt tugendten ist, nehmblich meine dame d’atour, so mad. de Chasteautier[1] heist. Ich glaube, daß wir den jungen Veningen baldt hir werden haben, den sein vatter, der jagermeister, hatt ein paß vor ihm begehrt. Seine schwester ist wider nach hauß, wirdt aber zukünftigen frühling widerkommen. Ich weiß I. L. dem churfürsten von Braunsweig danck, daß er Eüch hatt nach Schwetzingen hollen laßen, undt bin fro, daß ihm unßer vatterlandt so gutten humor geben undt nicht zugeben, daß er in seinen truckenen humor geblieben. Man hatt genung in Flandern zu thun, umb nicht ahn Teütschlandt zu gedencken. Die rechte warheit zu bekenen, so findt, daß es eine ellende sach umb den leidigen krieg ist, undt mögte schir sagen, alß wie die gutte fraw von Harling s. alß pflegt zu thun, daß ich deß kriegs so müde bin, alß wen ich ihn mitt löfflen gefreßen hette. Es ist woll eine rechte schandt, daß Churpfaltz Eüch so lang auffhelt. Solte der churfürst ernstlich befehlen, daß man Eüch abfertiget, dorfften sie nicht so faul in der cantzeley sein. Es ist mir leydt, daß Louisse noch mitt dem augenwehe geplagt ist. Daß die Wilhelmel ohne abschidt weg ist, war die ursach, daß sie über die erlaubte zeit geblieben war, welches man übel gefunden; drumb hatt sie auff einen stutz wider weg gemüst. Es war ihr leydt genung, war gar content undt hatt es, wie ich schon gesagt, gerümbt; sie ist aber nicht herkommen, sondern hatt nur geschrieben. In der tallie, womitt ich nun beladen bin, könte ich den burgweg ohnmöglich mehr steigen. Ob Ihr zwar allein zu Heydelberg, werde ich doch continuiren, Eüch alle woch einmahl zu schreiben, wie auch nach Hanover ahn Louisse. Ma tante hatt geselschafft von nohten. I. L. haben einen schlimmen husten gehabt, der mich sehr in sorgen gesetzt hatte; es ist doch nun, gott lob, wider beßer. Ihr habt woll recht, gern in der Pfaltz zu sein; alles ist gutt dar, lufft, waßer, eßen undt drincken. Ich schwere, daß ich viel lieber bey Eüch undt Louisse sein wolte, unßer leben mitt einander zuzubringen, alß hir ahm hoff sein, aber ma tante wolte ich gern alle jahr etliche monat auffwarten, meine kinder ein par mahl deß jahrs sehen, würde gantz vergnügt so leben; den ich habe gantz undt gar keine ambition, wolte nur ruhig leben. Hirmitt ist Ewer [060] liebes schreiben, liebe Amelisse, völlig beantwortet, habe nur noch zu sagen, daß ich Eüch bitte, Eüch keine gedancken mehr zu machen , sondern fest zu glauben, daß ich Eüch undt Louisse von hertzen lieb habe undt allezeit lieb behalten werde, so lang ich lebe. Ich ambrassire Eüch beyde von hertzen.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 17. November 1708 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 58–60
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0396.html
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