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Brief vom 5. Januar 1709

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


402.


[068]
Versaille den 5 Januari 1709.
Hertzliebe Louisse, vergangen montag habe ich Ewer liebes schreiben vom 22 December entpfangen. Ich habe aber mitt fleiß nicht eher, alß heütte, geschrieben, damitt dießer tag allezeit Ewer post-tag verbleiben mag; den helt man keinen rechten tag, zu schreiben, so kompt man ins auffschieben undt kan darnach nicht mehr zum schreiben gelangen; helt man aber einen tag sicher undt gewiß, zu schreiben, so weiß man, wen daß es der schreibtag ist, fehlt also nicht, wie Ihr nun secht, liebe Louisse! Mich deücht, vor dießem ging die post von Heydelberg öffter, alß zwey mahl die woch; wo mir recht ist, ging sie auch donnerstag. Ich dancke Eüch, liebe Louisse, daß Ihr Eüch über meines sohns, gott sey danck, glückliche ahnkunfft erfrewet. Ich bin ruhiger, wen er hir ist; aber ich sehe ihn wenig, nur morgendts eine halbe stundt undt abendts eine viertel stundt undt daß dazu nur 2 mahl die woch, die überige zeit geht er, sich nach Paris divertiren. Seine campagne ist die eintzige glückliche diß jahr geweßen, gott lob! Ich wünsche den frieden woll von grundt meiner seelen, ich sehe aber leyder gar keinen ahnstalt dazu. Die alliirten haben ja nun so gar eine glückliche campagne gehabt, daß sie itzundter woll zufrieden sein konten undt solten nun frieden machen; thun sie es nicht, weiß ichs ihnen recht undanck. Ich dancke Eüch, mir die zeittungen geschickt zu haben; sie haben mich recht lachen machen, aber es ist kein wort war, waß sie hir vom hoff sagen. Es mögt [069] aber woll mitt gehen, alß wie man in dem spilgen singt: Von da kommen wir gecken undt nonen her, herr, dominé! zu endt vom spiel nehmblich undt: Waß nicht ist, kan werden war, sede sede sancte, quid, nostre domine? Wen schon, wie offt geschicht, jemandts meine brieffe sehen solte, schadts nicht undt kan mir keine handel machen; den ich sage es nicht, die zeitung sagts. Drumb schickt mir sie nur immer fort! Ich wolte von grundt der seelen gern der landtgraffin von Homburg dinnen, aber ich kan es ohnmöglich, weill ihre sach gegen dem pfaltzgraffen von Zweybrücken, welcher eben nun hir ist; also würde es mir gar zu übel stehen, vor dieße fürsten gegen einen von meinem hauß zu solicittiren. Hette sie ihre sach gegen einen andern hir gehabt, were es auch sein mögen, würde ich mein bestes vor sie gethan [haben], aber Ihr secht ja selber woll, daß es nicht möglich ist. Die arme fürstin jammert mich, aber ich kan I. L. nicht helffen. Mein dochter hatt mir vor sie geschrieben, aber ich habe ihr eben geantwortet, waß ich hir sage. Mein dochter hatt mir ihre brieffe geschickt; weillen ich aber nichts guts zu andtwortten habe, deücht mir, daß es beßer ist, nicht zu andtworten. Aber ich bitte Eüch, seydt so gutt undt schreibt ihnen, wie leydt es mir ist, ihnen nicht zu dinnen können! Gegen sie werde ich aber nicht sein. Ich finde gar nicht übel, daß Ihr vor dieße fürstin undt graffin sprecht, contrarie, ich lobe Eüch, erkandtlich zu sein. Ewertwegen, graff Carllutz s. wegen ist es mir von hertzen leydt, daß ich ihnen nicht dinnen kan. Es erfrewet mich, daß Ewere augen beßer werden, undt wünsche von grundt meiner seelen, baldt zu hören, daß Ihr wider in volkommener gesundtheit seydt. Es ist war, daß ohne den frieden nicht zu rahten were, herr zu reißen, aber wen es frieden were, könte es incognito gar woll geschehen. Keine zeit in der weldt kan kommen, daß ich mein herr sein könte undt auß Franckreich ohne urlaub. Die Christfeyertag zu wünschen, daß habt Ihr ahn den neüen heydelbergischen hoff gelernt; bey dem alten hilte man sich nur ahn den neüjahrstag; dancke Eüch aber sehr, liebe Louise, vor alle gutte wünsche, so Ihr mir thut, undt wünsche Eüch hergegen wider ein glückseeliges, friedt- undt freüdenreiches neües jahr, volkomene gesundtheit undt alles, waß Ihr selbsten wünschen undt begehren moget, undt ahn Amelisse auch. Hirmitt ist Ewer liebes schreiben durchauß beantwortet, bleibt mir nur noch zu versichern, [070] daß ich in dießem jahr, wie all mein leben, Eüch von hertzen lieb behalten.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 5. Januar 1709 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 68–70
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0402.html
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