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Brief vom 16. März 1709

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


412.


[086]

A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Heydelberg.

Versaille den 16 Mertz 1709.
Hertzliebe Amelisse, es hatt mich recht von hertzen erfrewet, Ewere handt wider zu sehen; dancke gott, daß Ihr dem ledigen[1] todt entloffen seydt; jagt ihn weit von Eüch, daß er erst nach 60 jahren wider kommen mag! Ihr habt mich woll von hertzen gejammert; weiß dem herrn dockter Nebel[2] recht danck, Eüch salvirt zu haben. Wen unßere stundt nicht kommen ist, seindt die docktoren geschickt; ist sie aber kommen, werden sie verblendt undt thun daß contrari, so helffen konte. Meine arme tante war zu alt, umb lenger zu leben können, aber Ihr könt noch lang leben. Es ist nie erhört worden, daß der winter so lang undt rauh geweßen, wie nun. So eine tugendtsame fürstin, wie die gutte fürstin von Maubuisson war, muß woll seelig werden. Dancke Eüch sehr, lieb Amelisse, vor alle Ewere gutte wünsche. Ich müste schon lengst gestorben sein, wen ich gestorben were, wen mir daß leben überdrüßig worden. Ich mache es just eben wie Ihr. Wen jemandts stirbt, von dem man mir viel guts sagt, so bin ich recht fro, dieße person nicht gekandt zu haben. Wen Eüch nonenarbeydt ahngenehm were, könte ich Eüch offt davon schicken; den ich bekomme viel dergleichen pressenten. Die gutte fürstin, wie sie noch reden konte, hatt mir offt von Eüch allen gesprochen; den sie hatte papa s. so hertzlich lieb gehabt, daß alles, waß ihm zugehört, ihr lieb war. Auß selbiger ursach auch war ich mehr in ihre gnaden, alß ihre zwey andere niepce, so hir in ihrem closter wahren erzogen. I. L. glichen sehr ahn I. G. ihrem herrn bruder, unßer herr vatter. Seyder sie kranck geweßen, hatt sie allezeit fleisch geßen, aber wen sie gesundt war, hatt sie ihren orden gefolgt, so sehr streng war. Die gantze kirch von Maubuisson ist voll gemähls von ma tante, die fraw abtißin. Mich verlangt unerhört, zu vernehmen, wie ma tante, unßere liebe churfürstin, sich auff den schrecken befindt, so dießer todt verursagt. I. L. schienen sehr [087] touchirt, so daß es mich recht ängstet. Ich weiß nichts neües, schließe mitt wünschen, daß Eüch der allmächtige, liebe Amelisse, bey volkommener gesundtheit wider bringen möge undt lang mitt vergnügen erhalten; behalte Eüch von hertzen lieb.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 16. März 1709 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 86–87
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0412.html
Änderungsstand:
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