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A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Heydelberg.
Versaille den 27 Julli 1709.
Hertzliebe Louisse, ich bin recht in sorgen vor Ewere
gesundtheit, nun ich seyder vergangenen mitwog Ewer unglück gewiß
weiß.
[1] Wen Ihr mir selber nicht schreiben könt, so last mir durch
Ewer freüllen schreiben, wie es mitt Eüch ist undt ob von viellen
weinen Ewere augen nicht wider schlim geworden sein! Meine
hoffnung ist, daß, wie Ihr, liebe Louisse, gar gottsförchtig seydt,
daß Ihr Eüch in gottes willen ergeben werdet undt insonderheit,
da Ihr nicht zweyfflen könt, daß Amellisse im himmel ist, weillen
sie ja so woll gelebt undt allezeit so gottsforchtig geweßen undt
doch von einer großen marter abgekommen ist. Des menschen
leben ist so kurtz, daß wir nur, so zu sagen, zu baldt zu denen
kommen, die unß vorgangen sein. Ich habe Eüch letztmahl vergeßen
zu sagen, daß ich vor Amelisse trawern werde, wie ich vor Ewere
brüder undt vor Caroline leyder schon getrawert habe. Gott der
allmächtige, liebe Louisse, wolle Eüch beystehen undt trösten! Ich
verbleibe allezeit vor Eüch, wie ichs Eüch schon so offt
versprochen habe.