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A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Hernhaussen.
Marly den 28 September 1709.
Hertzliebe Louisse, heütte morgen habe ich Ewer lieben brieff
von Franckfort vom 17ten zu recht entpfangen. Es ist leicht zu
begreiffen, wie schmertzlich es Eüch muß gefahlen sein, Heydelberg
zu quittiren. Ich will aber in keinen detail davon eingehen, umb
Eüch nicht wider ahn zu viel trawerige sachen zu erinern undt
gemahnen. Ich bin fro, daß Ihr so viel zu thun zu Franckfort
gefunden; daß vertreibt die gar zu trawerige gedancken. Ich glaube nicht,
daß ma tante, unßere liebe churfürstin, es übel nehmen wirdt, daß
Ihr die graffin von Wittgenstein erwahrt, weillen sie Eüch drumb
gebetten hatt. Andere zeitten, andere sorgen, wie in der commedie
stehet. Man sagt, man kompt auff solchen tag, aber es verstehet
sich, wen man kan. Ich bin Eüch obligirt, daß Ihr ohnahngesehn
aller Ewerer geschäfften doch ahn mich geschrieben habt. Es ist
nicht zu admiriren, liebe Louisse, daß ich die liebe, die ich zu
lieben schuldig bin. Man ist nicht würdig, zu leben, wen man kein
gutt gemühte hatt. Vor alle Ewere gutte wünsche dancke ich
Eüch von hertzen. Weillen ich in 38 jahren nicht in Franckreich
von humor geendert bin, glaube ich, daß ich woll all mein leben
bleiben werde, wie ich bin. Ihr werdet etliche von meinen
schreiben zu Hannover finden. Ich habe Eüch gleich die unglückliche,
wiewoll reputirliche, schlagt
[1] geschrieben. Ich sage von hertzen
amen zu den gutten wunsch vom frieden. Ihr sagt mir nichts mehr
von der fraw von Wollmershaußen. Das macht mich hoffen, daß
sie, wie ich es von hertzen wünsche, wider woll sein wirdt. Wir
seindt wider hir seyder vergangenen mitwog undt werden erst
heütte über 14 tag nach Versaille wider. Hir jagt man den hirsch,
geht spatziren undt haben umb den andern tag mussiq. Daß laut
lustig, aber niemandts ist lustig undt alles geht, wie die Hinderson
alß pflegt zu sagen, gar schlapies ab. Wie mirs aber auch gehen
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mag, so werde ich Eüch, liebe Louisse, doch allezeit von hertzen
lieb behalten.