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Brief vom 28. September 1709

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


440.


[131]

A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Hernhaussen.

Marly den 28 September 1709.
Hertzliebe Louisse, heütte morgen habe ich Ewer lieben brieff von Franckfort vom 17ten zu recht entpfangen. Es ist leicht zu begreiffen, wie schmertzlich es Eüch muß gefahlen sein, Heydelberg zu quittiren. Ich will aber in keinen detail davon eingehen, umb Eüch nicht wider ahn zu viel trawerige sachen zu erinern undt gemahnen. Ich bin fro, daß Ihr so viel zu thun zu Franckfort gefunden; daß vertreibt die gar zu trawerige gedancken. Ich glaube nicht, daß ma tante, unßere liebe churfürstin, es übel nehmen wirdt, daß Ihr die graffin von Wittgenstein erwahrt, weillen sie Eüch drumb gebetten hatt. Andere zeitten, andere sorgen, wie in der commedie stehet. Man sagt, man kompt auff solchen tag, aber es verstehet sich, wen man kan. Ich bin Eüch obligirt, daß Ihr ohnahngesehn aller Ewerer geschäfften doch ahn mich geschrieben habt. Es ist nicht zu admiriren, liebe Louisse, daß ich die liebe, die ich zu lieben schuldig bin. Man ist nicht würdig, zu leben, wen man kein gutt gemühte hatt. Vor alle Ewere gutte wünsche dancke ich Eüch von hertzen. Weillen ich in 38 jahren nicht in Franckreich von humor geendert bin, glaube ich, daß ich woll all mein leben bleiben werde, wie ich bin. Ihr werdet etliche von meinen schreiben zu Hannover finden. Ich habe Eüch gleich die unglückliche, wiewoll reputirliche, schlagt[1] geschrieben. Ich sage von hertzen amen zu den gutten wunsch vom frieden. Ihr sagt mir nichts mehr von der fraw von Wollmershaußen. Das macht mich hoffen, daß sie, wie ich es von hertzen wünsche, wider woll sein wirdt. Wir seindt wider hir seyder vergangenen mitwog undt werden erst heütte über 14 tag nach Versaille wider. Hir jagt man den hirsch, geht spatziren undt haben umb den andern tag mussiq. Daß laut lustig, aber niemandts ist lustig undt alles geht, wie die Hinderson alß pflegt zu sagen, gar schlapies ab. Wie mirs aber auch gehen [132] mag, so werde ich Eüch, liebe Louisse, doch allezeit von hertzen lieb behalten.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 28. September 1709 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 131–132
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0440.html
Änderungsstand:
Tintenfass