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Versaille den 16 November 1709.
Hertzliebe Louise, gestern habe ich Ewer liebes schreiben vom
2 November zu recht erhalten. Seyder dießen nachmittags seindt
wir wieder hir. Es ist mir recht leydt, daß Ewere arme augen
wider so übel geweßen sein, undt waß mir noch ahm üblesten dran
gefehlt, ist, daß, wen man meint, daß Ihr wider gantz gesundt seydt,
so kompt es wider. Ihr müst Eüch aber, wo es möglich ist, nicht
betrüben noch chagriniren, den nichts ist schlimmer vor augenwehe.
Es ist leicht zu glauben, daß Eüch daß hertz noch schwer ist.
Trösten kan man sich nicht, aber man muß sich distractionen
geben undt, so zu sagen, sich selber betriegen; die zeit thut daß
überige. Es ist, wie ich sehe, jetzt alß die mode, daß meine
paqueten über taffel kommen. Die paquetten bleiben nirgendts liegen,
alß zu Paris. Man macht sich eine lust, mich mitt den brieffen zu
zergen, aber es ist kein mittel undt nicht zu endern; also müßen
wir nur zufrieden sein, wen unßere brieffe nicht gar verlohren
werden. Die postleütte seindt ahm wenigsten schuldt hiran, weytter
kan ich hirauff nichts sagen. Ihr habt groß recht, nicht beym licht
zu schreiben; nichts ist schlimmer vor die augen, alß bey dem licht
zu schreiben, davor müst Ihr Eüch allezeit vor hütten, lieben
Louisse! Ich sehe, daß Ihr bey ehrbare herrn ahn taffel geseßen;
so ernstliche geselschafften seindt nicht capabel, die trawerigkeit zu
vertreiben. Ich hatte keine mühe, zu errahten, daß der cronprintz
von Preüssen zu Hannover oder zu der Ghör sein müste; den waß
solten I. L. in der armée weyder gethan haben, da Mons über undt
die armeen sich zertheyllet hatten? Undt sie hatten ahm
hanoverischen hoff einen starcken magnet, so ich woll gedacht I. L.
geschwindt würde eyllen machen. Es ist mir recht lieb, daß mein
ahndencken dießen ahngenehmen undt hohen gar nicht zuwider
geweßen undt sie beyde mein compliment so gar güttig
ahngenohmen haben; sehe auch darauß, liebe Louise, daß ich mein
compliment in gutten händen gethan, den Ihr es habt so woll endtpfangen
machen. Der cronprintz ist noch jung genung, zu waxsen. Wen
man ein temperament hatt, fett zu werden, mag man auch thun,
waß man will, so bleibt man fett. Es ist doch hofflich ahm
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cronprintz, daß er Eüch besucht hatt. Er ist aber noch zu jung, umb
so gar stämig zu sein. Es ist loblich ahn die cronprintzes, daß I.
L. so beständig in ihrer freündtschafft sein undt die abweßenheit
Eüch nichts von ihrer freündtschafft hatt verliehren machen. Ma
tante sagt mir kein wordt von ihrem husten undt ich werde auch nicht
thun, alß wen ich etwaß davon wüste. Der husten macht allezeit
übel außsehen; wen er aber nicht zu lang wehrt, ist er nicht schlim,
den es purgirt viel böße humoren; wen man nur nachts woll
schläfft, kan der husten nicht schaden. Ich kene niemandts, so
dießen herbst nicht husten undt schnupen gehabt hatt; der könig
in Engellandt undt mein sohn seindt noch gar vest dran. Daß
könt ich ma tante nicht nachthun, volant zu spiellen. Ich sage
von hertzen amen auff alle gutte wünsche, so Ihr vor ma tante,
unßer lieben fraw churfürstin, leben, stärcke undt gesundtheit thut.
Ich habe nur 2 Fücks zu Heydelberg zu meiner zeit gekendt,
nehmblich den Sejanus
[1] undt seinen älsten bruder, so vor dießem
undt wie mein bruder s. noch ein kindt war, sein erster
cammerdinner geweßen. Diß jahr undt vergangen winter seindt alle
nußbäum hir im landt erfrohren. Sagt mir doch, ob die von
der Bergstraß auch erfrohren sein! Es ist mir leydt, daß man
daß arme Friderichsburg so verracht undt nicht wider in seinem
rechten standt bringen will. Zu meiner zeit hatte Ewere fraw
mutter kein ander hauß, alß daß holtzerne schwedische hauß, so vor
den ersten bavillon stundt, aber ich kan nicht glauben, daß, wen
Ihr Churpfaltz klagen solte, daß die mongen Eüch Ewer hauß
genohmen, daß er Eüch nicht solte recht schaffen; aber eins ist war,
daß pfaffen nehmen, wo sie können, undt sich nicht viel bekümmern,
wembs gehört oder nicht. Hiemitt ist Ewer liebes schreiben vollig
beantwortet undt sage nichts mehr, alß daß ich Eüch eine gutte
nacht wünsche undt bitte, zu glauben, daß ich Eüch von hertzen
lieb behalte.