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A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 14 November[1] 1709.
Hertzallerliebe Louisse, vergangen dinstag habe ich Ewer
schreiben vom 29 November entpfangen, habe aber wegen der jagt, so
wir vergangenen donnerstag gehabt, nicht drauff andtwortten
konnen, komme also wieder auff meinen ordinarie tag. Ehe ich
aber auff Ewer schreiben andtworte, muß ich Eüch sagen, daß
unß madame la duchesse d’Orleans
[2] ein 5tes dochtergen daher
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gesetzt hatt. Daß arme kindt ist so bitter übel von jederman
entpfangen worden, daß es mich gantz gejammert hatt. Man
heist sie mademoiselle de Monpensier, sie ist ein recht schön
kindt, groß undt starck; es ist woll schadt, daß es kein printz ist.
Ihre fraw mutter ist 40 stundt lang kranck geweßen, hatt unß alle
braff wachen machen. Aber es ist auch zeit, liebe Louise, daß ich
auff Ewer liebes schreiben komme. Es ist mir recht leydt, zu
vernehmen, daß Ewere arme augen wider schlim geweßen sein. Wen
Ewere augen gleich waß beßer sein, so soltet Ihr mir doch nicht
mitt eygener handt schreiben, sondern nur Ewern brieff dictiren;
den lang auff daß weiß vom papir zu sehen, ist capabel, den fluß
zu vermehren undt Ewere augen zu schwächen. Ihr soltet nicht
mitt eygener handt schreiben, biß Ihr Ewere augen gantz wider
recht fühlen mögt undt ohne die accidenten, so Eüch ordinarie zu
kommen pflegen. Mein tag deß lebens habe ich von solchem
zustandt nicht gehört, aber der gelehrte augendocktor monsieur
Gendron sagt, daß er dergleichen gesehen hatt, meint auch, daß, wen
er Eüch sehen konte, daß er Eüch couriren würde. Ob Ihr mir
gleich nicht schreiben köntet, so würde ich Eüch nicht desto
weniger, wie ichs Eüch, liebe Louise, versprochen habe, alle sambstag
berichten, wie es umb mich stehet; also last Eüch diß kein
ahnliegen sein! Zu Hannover werdet Ihr woll jemandts finden, dem
Ihr dicktiren könnt, biß Ihr wider gantz geneßen sein werdet. Daß
Ihr blöde augen [habt], ist mir hertzlich leydt, es ist aber keine
ursach, umb auffzuhören, Eüch lieb zu haben; contrarie, wen man die
leütte lieb hatt, so attandrirt man sich noch vor ihre unglück undt
schmertzen, oder man müst gar ein boßen gemühte haben, so ich,
gott lob, nicht habe; hette mich schir offendirt, daß Ihr mich bitt,
nicht auffzuhören, Eüch zu lieben, ich hette schir gefragt, ob Ewer
wenig schreiben verhindert, daß wir einen herr vatter gehabt haben
undt Ihr Eüch alle zeit Eweres leben tugendtsam undt woll
gouvernirt undt gehalten habt. Oh, wens daß hindert, so werde [ich]
gewiß auffhoren, Eüch zu lieben; den daß seindt die ursachen,
warumb ich Eüch lieb habe. Oder macht es, daß Ihr mich hast
undt nicht mehr lieb habt? Den daß wehre noch eine ursach, umb
auffzuhören, freündtschafft undt amitié vor Eüch zu haben; aber so
lang Ihr alles bey Eüch befindt, so ich hir genent, könt Ihr gar
gewiß versichert sein, daß ich nicht vor Eüch endern kan noch will.
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Ich muß gestehen, daß ich nicht gewohnen kan, zu sehen, wie
unßere teütsche fürsten alle geworden sein undt waß man täglich
höret. Ich glaube, daß alle raison, vernunfft, generositet, politesse
nach Moscovien gereist ist. Man [hört] nirgendts mehr von
dergleichen, alß dort. Wer es recht nehmen will, so ist es woll war,
wie [die] arme Amelise s. zu sagen pflegte, daß alles eytel ist;
jedoch so hatt unßer herrgott in der weldt stende gesetzt, so bleiben
solten. Die cronprintzes muß einen gerechten sin haben, vor Eüch
gegen ihre madame de Sastot zu sein; daß gibt mir recht gutte
opinion von I. L. Gott seye danck, daß unßere liebe churfürstin
in gutter gesundtheit ist, undt erhalte I. L. viel undt lange jahren
dabey! Ich befinde mich, gott sey danck, in volkommener
gesundtheit. Mein miltz wolte woll wider ein wenig ahnfangen, mich zu
plagen, weillen ich wegen daß schlime wetter lang habe einsitzen
müßen undt kein exercitzien gethan, aber die zwey hirschjagten,
so wir hir gethan, alß nehmblich vorgestern undt heütte, haben
mich gantz wider zurecht gebracht. Sonsten haben wir nichts neües
hir. Heütte über 8 tag werden wir wider nach Versaille. Wo ich
auch sein mag, so werde ich Eüch doch, hertzliebe Louisse, von
hertzen lieb behalten.