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Brief vom 9. Februar 1710

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


460.


[160]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.

Versaille den 9 Februari 1710.
Hertzliebe Louise, wie ich sehe, so kommen Eüch sowoll alß mir alß viel verhinderungen in den weg. Zu meiner zeit aß man alß umb 12 zu Hannover zu mittag undt umb 8 zu nacht, auch etlich mahl umb 7; daß ist gesunder, alß so spät zu eßen. Umb wie viel uhr speist man dan itzunder zu Hannover? Ich habe ma tante, ohne Eüch zu melden, vergangen donnerstag inständig gebetten, mir nicht früh zu schreiben, habe den pretext genohmen über daß I. L. mir geschrieben hatten, daß sie alle morgen, wen sie mir schreiben wollen, umb 7 wacker werden. Ob zwar die pure wahrheit, daß in der weldt mich nichts mehr erfrewet, alß ma tante, unßer liebe churfürstin, ihre schreiben, so würde ich doch ohntrostbar sein, wen solches I. L. die geringste ungelegenheit [161] verursachen solte, undt gewiß so wolte ich lieber kleine brieffe haben undt daß ma tante nicht die geringste incommoditet hette. Ich admirire allezeit ma tante gedult, meine albere brieffe mehr, alß einmahl, zu überleßen können. Wie seydt Ihr deß printzen von Wolffenbuttel gar geworden? Hatt man den wirdtschafft gespilt oder unverkleydt zettel gezogen? Waß ich auch nicht begreifen kan, ist, wie der hertzog von Braunsweig ma tante hatt tractiren können. Den wo hatt er seine köch her bekommen können? Den zu meiner zeit, wen frembte fürsten kammen, hatten sie ihre köche nicht bey sich; alles muß geendert sein, seyder ich nicht mehr in Teütschlandt bin. Ich habe dar meinen enckel, 12 pagen undt 6 andere junge edelleütte, die singen, springen, lachen undt machen ein solch geraß, daß man sein eygen wordt nicht hört; ich weiß schir nicht, waß ich schreib oder sag, ich bin gewiß, daß man sie eine viertelmeyll wegs hören kan. Ich finde, daß die churprintzes daß gröste recht von der welt hatt, ma tante exempel zu folgen; sie wirdt sich selber woll dabey befinden, den sie wirdt mehr ehren, respectiren undt lieben machen, alß mitt den truckenen undt spottischen maniren, so perfect haßen machen. Adieu, liebe Louisse! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt werde Eüch allezeit lieb behalten.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 9. Februar 1710 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 160–161
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0460.html
Änderungsstand:
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