Seitenbanner

Brief vom 21. Juni 1710

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


477.


[182]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Versaille den 21 Juni 1710.
Her[tz]allerliebe Louise, heütte habe ich einmahl einen gar frischen brieff von Eüch entpfangen, den er ist ja nur 8 tag alt, weillen Ihr vom 14 datirt. Ich könte meinen brieff wie Ihr den Ewerigen ahnfangen; den es ist gewiß, daß, wen ich heütte gleich kein schreiben von Eüch entpfangen hette, würde ich Eüch doch geschrieben haben; den Ihr wist woll, daß ich Eüch alle sambstag schreibe. Ich versichere Eüch nochmahln, daß herr Ferdinants todt[1] mir recht zu hertzen gangen, den ich habe ihn allezeit vor meinen gutten freündt gehalten. Ich begreiffe gar leicht, wie Ihr noch vor Ewer schwester in betrübtnuß seydt; den man kan nicht vergeßen, wo man sein leben bey gewest ist, daß geblüdt lest sich auch fühlen. Deß herrn Schor erinere ich mich gar nicht mehr. War er auch zu meiner zeit, liebe Louisse? Weillen er aber so gar nicht mitt Churpfaltz reussirt hatt, muß man nun hoffen, daß ein ander beßer reussiren [werde]. Mir kompt es recht schimpfflich vor, daß Churpfaltz Eüch daß Ewerige so zurück helt. Lenor hatt mir schon geschrieben, daß ihr bruder, der Eberfritz, gestorben ist; daß hatt mich auch gejammert wegen der uhralten kundtschafft. Lenor ist recht von hertzen betrübt über ihren bruder. [Wenn] sie aber übermorgen hir sein [wird], hoffe [ich], daß ich sie wider auffmuntern werde. Es ist leicht zu begreiffen, daß Ihr deß jegermeisters sohn nicht gegen ihm werdet gehetzt haben. Wie ist die Gret nun so intrigant geworden, die leütte gegen einander zu hetzen? Vor dießem ließe sie es bey den negsten bewenden. Wen ich gleich davon hette reden hören, würde ich doch nicht geglaubt haben, daß Ihr unrecht hettet. In dießem augenblick kommen so viel leütte mitt meinem sohn herein, daß ich wider meinen willen schließen muß. Ich hoffe, Ihr werdet meinen brieff endtpfangen haben, worinen ich Eüch Mademoiselle, meines sohns elste dochter, heüraht mitt dem duc de Berry bericht, welches nun baldt sein [183] wirdt. Adieu, liebe Louisse! Seydt versichert, liebe Louisse, daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte!
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 21. Juni 1710 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 182–183
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0477.html
Änderungsstand:
Tintenfass