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Brief vom 5. Juli 1710

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


479.


[185]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Versaille den 5 Julli 1710.
Hertzliebe Louisse, vor etlichen dagen habe ich Ewern lieben brieff vom 21 Juni entpfangen; dießer ist gar frisch überkommen, den ich habe ihn den 10 tag entpfangen. Dießes mahl ist Ewere dinten recht gutt. Ich glaube, daß die kunst, dinten zu machen, gantz abkommen ist; den ich habe hir große mühe auch, gutte dinten zu finden. In Lotteringen ist sie ahm allerschlimbsten. Mein dochter, damitt ich ihre brieffe leßen kan, hatt dinten von Paris kommen laßen; den alle die dinten in Lotteringen ist wie waßer, man kans nicht leßen. Daß ist die beste dinten, die erst bleich undt darnach schwartz wirdt. Dießen abendt umb 5 wirdt die versprechung undt contractunterschreibung ins königs cabinet vor sich gehen undt morgen 11 wirdt die vermahlung geschehen, gantz in der stille, den es wirdt morgendts keine taffel gehalten, abendts aber wirdt der könig mitt sein gantz königlich hauß … Mademoiselle, mein enckel, wirdt erst morgen eine hoheit werden, heütte ist sie noch altesse serenissime; den altesse royalle geht nicht weitter, alß petit fils et petitte fille de France, die überigen seindt nur prince undt princesse du sang, also keine hoheit, sondern nur durchleüchtig. Der duc de Chartre ist mager genung, umb durchleüchtig zu sein. Ich dancke Eüch sehr, liebe Louisse, vor alle Ewere gutte wünsche zu unßern heüraht, welcher mich woll von hertzen erfrewet hatt. Ich kene die zwey döchter vom Bettendorff, sie seindt ja alß zu mir kommen. Ich erinere mich noch woll, wie ihre mutter ins kindtbett starb undt man dem kindt keine andere ame, alß eine ziege, gab. Es ist eine possirliche historie, wie dießer [186] heüraht gemacht worden; es lest sich aber nicht auff der post schreiben: ein haß hatt es eher gemacht, alß freündtschafft, so gehts hir. Unßer heüraht ist beßer reglirt, alß der landtgräffin von Homberg ihres printzen; den bey unß hatt der breütigam 9 jahr mehr, alß die brautt, welches beßer ist, alß wen die brautt so viel alter ist. Von deren könte man, wie eine historie von meiner hoffmeisterin, der gutten jungfer Colb s. … Die verzehlte, daß zu Metz in der reformirten kirchen eine gestandene dame geheüraht hatt, so einen jungen buben geheüraht. Wie sie zusamen vor dem pfarher kammen, sagte der pfarher: Pressentes vous cest enfant pour estre pabtisses? So hette man die gräffin von Limburg auch fragen können mitt ihren 18jährigen herrn. Apropo von tauffen, vorgestern hatt man meinem enckel, den duc de Chartre, undt mademoiselle de Valois die ceremonien von der tauff geben undt die nahmen; der duc de Bourgogne undt … haben unßern duc de Chartre auß der tauff gehalten. Man hatt ihm deß duc de Bourgogne nahmen Louis geben. Unßer breüdigam, der duc de Berry, undt seine braut haben mademoiselle de Valois genent Charlotte Aglaé. Die leütte, so lang kranck sein, sterben nicht so baldt, alß die gesunden. Mein premier escuyer hatt eine fraw, so schon 28 jahr lang kranck ist undt stirbt doch nicht. Es were mir recht leydt, wen freüllen Anne Catherine sterben solte. Ihr könt der fürstin von Nassau Ussingen versichern, daß ihr neuveu noch lebt undt in einem so gutten standt ist, daß man hoffen kan, daß er gantz geneßen wirdt undt nicht sterben. Ihr macht auß dem Dangeau ein duc, daß ist er gar nicht, kaum marquis. Sein sohn ist woll geheüraht undt hatt die schönste fraw von gantz Franckreich; sie ist von gutten hauß, aber ihr geschlegt kan keine vergleichung machen mitt seiner fraw mutter, madame Dangeau, aber vor diß landt ist es zimblich gutt. Reich ist die junge fraw, daß ist war. Ma tante, unßere liebe churfürstin, hatt mir vom jungen Starenberg geschrieben undt findt ihn sehr fein. Die historie von die Napolitaner hatt sie mir auch geschrieben. Hiemitt ist Ewer schreiben vollig beantwortet, liebe Louisse, habe Eüch nur noch zu versichern, daß ich Eüch allezeit lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 5. Juli 1710 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 185–186
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0479.html
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