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Brief vom 27. Juli 1710

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


482.


[190]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.

Marly den 27 Julli 1710.
Hertzallerliebe Louise, ich habe woll gethan, die helffte von Ewerm lieben brieff vom 8 dießes monts zu sparen, den ich habe in der vergangen wochen nichts von Eüch entpfangen. Ich bin geblieben ahn dem, wo Ihr mir sagt, daß I. L. die churfürstin zu Pfaltz die kinderblattern hatt. Solte dieße churfürstin zu sterben [191] kommen, wolte ich, daß der churfürst mein enckel, die princes von Lotheringen, auffs saltzfaß gesetzt würde. Ahn dießer were nicht zu zweyfflen, daß sich noch daß alte churpfaltzische bludt finden würde, undt solte die einen printzen bekomen, glaube ich, daß ihn die unterthanen, Heydelberger undt Manheimer, woll so gern haben solten, alß den jungen pfaltzgraffen von Sultzbach, so artig er auch sein mag. Ich kene die Montlesun undt Lostange.[1] Es seindt zwey gar differente geschlechter, beyde seindt ins konigs leibquarde officirer geweßen; Monlesun seindt all ihr leben catholisch geweßen, die Lostangen aber seindt reformirt geweßen undt catholisch worden. Der könig hatt woll zwey Monlesun pagen gehabt, einer starb vergangen jahr, der ander ist exempt des gardes. Solche art leütte deügen ordinari nichts, aber daß er übel reverentzen macht, wer in jetzigen zeitten kein zeichen, daß er nicht von qualitet ist; den die junge leütte piquiren sich nun, nichts zu wißen noch zu können. Der junge Tonere,[2] so einer von den besten heüßern ist, macht die reverentz ärger, alß kein bawer, so hinter den pflug geht. Nichts wißen, nichts können, unhofflich, plump sein, daß ist die gantillesse von jetziger zeit. Von der historie, so der junge cavalier Eüch verzehlt, weiß kein mensch hir nichts; es müste in einer gar abgelegene provintz geschehen sein, wo deß königs pagen, so lang sie pagen sein, nicht hin komen. Der könig vergibt keinen düel, also sehe, daß die historie von einem endt zum andern inventirt ist. Von keinen pfarher hatt er sich können unterrichten laßen, es seindt keine mehr in Franckreich, undt solte jemandts noch reformirt im hertzen sein, wirdt er sich ahn keinen munchen vertrawen, also muß die historie von einem endt zum andern erdacht sein. Es ist nichts verwegeners, alß ein verloffener pfaff, oder monch. Die marquise de Richelieu ist auch eine feine dame, sie wirdt ohne zweyffel den milord Albermale[3] suchen. Habt Ihr sie gesehen, so sagt mir doch, ob sie noch schön ist! Ich habe … mansleütte erschrecken dieße dame nicht. Ich konte woll begreiffen, daß Ihr alle die protzessachen vor Eüch selber führen mögtet, aber vor Ewern schwager so viel verdrießliche protzes zu führen, daß kan ich nicht begreiffen. Ich habe schon ein paquet auff Hannover geschickt. Ich war kein kindt, wie ich von Heydelberg weg, erinere [192] mich aber nicht, mein leben andere, alß adelliche, heüraht bey hoff gesehen zu haben, aber Wolff war ja nur secretarius, konte also daran nicht pretendiren. Lenor erinert sich eben so wenig, alß ich, dießen heüraht gesehen zu haben. Ich thue mein best, Lenor ihres bruders todt auß dem kopff zu bringen, allein es ligt ihr noch zu zeitten schwer ahn. Ich mögts Eüch von hertzen wünschen, daß Ihr so einen lustigen humor wie Lenor haben köntet; daß macht, daß man lenger lebt undt gesundt bleibt. Der fürstin von Homburg habe ich lengst geantwortet. Ich wünsche von hertzen, daß der sauerbrunen die gutte fraw von Wollmershaussen föllig geneßen mag.[4] Wir haben hir gantz undt gar nichts neües; den daß der könig auff die jagt, feldthüner zu schießen, geritten undt alle junge bursch in die rulletten[5] fahren, daß ist Eüch, liebe Louise, wenig ahngelegen, undt sonsten weiß ich nichts. Ewer schreiben ist auch vollig beantwortet, also bleibt mir nichts mehr über, alß Eüch zu versichern, liebe Louisse, daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 27. Juli 1710 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 190–192
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0482.html
Änderungsstand:
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