Seitenbanner

Brief vom 14. Dezember 1710

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


503.


[218]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Ghör.

Versaille den 14 December 1710.
Hertzallerliebe Louise, vergangen freytag habe ich Ewer liebes schreiben vom 29 November [empfangen]. Ich dancke Eüch, daß Ihr Eüch über meines sohns nun, gott seye danck, wider volkommene gesundtheit [erfreuet]. Aber gestern abendt hatt so woll [er], alß ich undt der duc de Bery einen großen schrecken außgestanden, der arme duc de Bery ist heütte noch gantz bleich davon. Die duchesse de Bery wurde auff einmahl blat ohnmachtig; wir meinten, es war der schlag, aber nachdem die duchesse de Bourgogne Liebten ihr eßig ins gesicht geschütt, kam sie wider zu sich selbst. Es kam ihr aber ein erschrecklich erbrechen ahn, aber es ist kein wunder, sie hatte zwey stundt ohne auffhören in der commedie allerhandt wüstereyen gefreßen, peche au caramel,[1] kastanien, patte von grußelbehren[2] undt Johanstrauben, getruckende kirschen undt viel limon[3] drauff, hernach fisch geßen ahn taffel, drüber gedrunken, es wurde ihr übel, sie wolte sich verhalten, wurde gantz ohnmachtig. Heütte ist sie wider frisch undt gesundt, aber mitt ihrem dollen [219] freßen wirdt sie sich doch einmahl braff kranck machen, den sie will nicht glauben, waß man ihr sagt. Aber genung hirvon! Ich komme ahn Ewer liebes schreiben. Ich bin fro, daß Eüch die jagt gefehlt, aber ich muß lachen, daß Ihr so gar nicht jagerisch sprecht. Auff Teütsch konte ich auch nicht von der jagt sprechen, aber auff Frantzösch kan ichs auff ein endt undt würde sagen:[4][5] Un cerf de dix cors cistoit, accompagnes de deux daquet, mais le chien ayant separes leurs cerf, l’ont bien chasses, les chien ont bien tournes sur les voyes, les relais ont estés bien donnes, la vielle meutte les 6 chien, welsi va vous hette haut, ho mes valets, tayo tayo! Wen man den hirsch sicht, so spricht man auff der jagt hir allezeit, aber die jagt verliehren, daß war nicht recht. Hir ist es warm wie im Mayen. Mademoiselle de Bourbon ist monsieur le duc[6] seine schwester, deß verstorbenen monsieur le duc dochter undt madame la princesse ihr enckel. Madame la duchesse hatt zwey von ihre döchter bey sich, die elste heist man mademoiselle de Bourbon,[7] die zweytte mademoiselle de Sens,[8] die tritte ist bey madame la princesse, schön wie ein engel, man heist die mademoiselle de Clermont.[9] Es wundert mich nicht, daß Ihr die nahmen nicht wist, ich selber ambrouillire mich offt drin. Hir tregt kein mensch kein …, alß etliche gar alte dame, die es nicht abgewohnen können. Biß dinstag werde ich monsieur de Monasterol bitten, ahn Churbayern von meinetwegen Ewer sach zu recomandiren. Adieu, liebe Louisse! Seydt versichert, daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte!
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 14. Dezember 1710 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 218–219
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0503.html
Änderungsstand:
Tintenfass