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Brief vom 21. Dezember 1710

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


504.


[219]
Versaille den 21 December 1710.
Hertzallerliebe Louise, ich weiß nicht, wie es kompt, daß Ihr eine woch geweßen, ohne von meinen schreiben zu entpfangen; den ich kan Eüch mitt warheit versichern, daß ich keine woche habe [220] laßen vorbey gehen, ohne Eüch zu schreiben. Ich kan nicht begreiffen, wo mein brieff muß hinkommen sein, es seye dan, daß es ma tante gemacht hette wie Monsieur s.; der, wen er ein brieff vor mich oder vor seine kinder bekam, druch[1] er es offt 3 wochen im sack. Ewerthalben ist es mir leydt, daß Ihr wider von der Göhr weg gehet, aber ich hoffe doch, daß hinfüro die brieffe richtiger gehen werden. Ich hatte gehofft, heütte briff von Hannover zu bekommen, aber es ist nichts drauß worden, welches mir leydt genung ist. Hir frirts noch gar nicht, es ist heütte ein abscheüllich wetter, kalter starcker windt undt regen. Es wer mir leydt, wen ma tante diß wetter zu ihrer rückreiß gehabt hette. Ich bilde mir ein, daß Ewer camer sein muß zu Hannover, wo vor dießem ma tante von Herfort[2] logirte, undt daß die graffin Platten logirt, wo vor dießem der marchalck Grobendorff [3] war, auff der rechten handt, wen man in den ersten hoff fahrt. Wen es ist, wo ich gedenke, so habt Ihr zu endt Ewer apartement einen saal, worinen eine thür ist, dadurch man geraht wider in die kirch gehen kan undt in die trubune, wo die orgel ist. Ich liebe die campagne taußendtmahl mehr, alß die stätte. Ihr werdt endtlich, wie ich sehe, auch lust auff die jagt nehmen. Man gewohnts leicht, aber es ist bedrübt, wen man nicht folgen kan; ich verliehre jetzt auch offt auß consideration vor die pferde. Wen man im parq hir jagt, kompt man weder über heyden noch äcker, aber wen man sonsten jagt, jagt man über die äcker. Wirdt etwaß verdorben, bringen die bawern die klag schrifftlich, es wirdt estimirt undt bezahlt. Zu Fontainebleau findt man heyden undt felsen, aber die dörffer seindt nicht gar weidt von einander. Daß man in braunsweigischen landt reicher ist, alß in unßer Pfaltz, die so woll bewohnt, ist kein wunder, liebe Louisse, weillen sie allezeit in ruhe undt frieden leben, die arme Pfaltz aber so viel lange jahren allezeit daß theatre vom krig [221] geweßen ist. Es hatt noch gar kein ahnsehen leyder vom frieden. Ma tante wirdt Eüch sagen könig,[4] wie unßer könig in Spanien[5] auch schon einmahl wider über den graff von Starenberg[6] triomphirt hatt. Ich muß noch ahn mein dochter schreiben, derowegen geschwindt enden undt vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch von hertzen ambrassire undt lieb behalte.
Ich bitt, schickt dießen briff nach Dressen.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 21. Dezember 1710 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 219–221
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0504.html
Änderungsstand:
Tintenfass