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Brief vom 4. Januar 1711

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


506.


[223]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.

Versaille den 4 Januari 1711.
Hertzallerliebe Louisse, vorgestern habe ich Ewer liebes schreiben vom 22 December 1710 [empfangen]. Ihr hettet groß unrecht gehabt, mir zu verhehlen, daß daß rührende gemähls ma tante ahngenehm geweßen; den waß ma tante mir davon gesagt, kan ich dencken, das auß gnaden undt gütte geschicht undt daß sie mich nicht gestehen wollen, daß es ihnen mißfahlen; aber ich bin versichert, daß, waß Ihr mir davon sagt, die rechte warheit ist, kan Eüch also unmöglich beschreiben, wie hertzlich es mich erfrewet, daß dieße bagattelle I. L. ahngenehm geweßen undt daß die neuigkeit davon unßere hertzallerliebe churfürstin ein wenig divertiret hatt. Viel leütte lieben solche sachen; ich habe es noch etlich tage müßen hir laßen, den madame d’Orleans hatt dießem gemähls [224] alle tag eine vissitte geben. Es freüdt mich auch, daß I. L. die churprintzes ein wenig lust davon hatt. Daß es daß printzgen divertirt, nimbt mich kein wunder, aber ich muß lachen, daß er dem cavallier die reverentz wider macht. Daß artige printzgen muß ma tante doch viel lust geben; er muß schlau sein, daß er so woll rahten kan. Es ist ein glückliche sach, ein gutt gedachtnuß zu haben, undt betrübt, keines zu haben, wie ich. Alle Ewere könige hatte ich woll gefunden, so Ihr gesehen, aber nicht alle königin; den ich hatte vergeßen, daß Ihr die verwitibte königin in Spanien, die verwitibte, wie auch die von Portugal, so todt ist, gesehen habt. Ich bin fro, daß herr Max dochter den den jungen Veninger geheüraht hatt, undt weiß meinem patten danck, bestandig geblieben zu sein. Ich wünsch ihnen alles glück undt sage, wie im opera von Amadis[1] stehet: A la fin lamour couronne les parfaits amants. Aber, liebe Louisse, bestandigkeit muß man bey itzigen zeitten ahn keine geheürahten leütten suchen; es ist viel, wen sie einander nur ein gantz jahr lieben. Ich finde, daß sie beyde gar woll gethan haben; den weillen sie auch mittel hatt, ist der heüraht sortable in alles. Die fraw von Rotzenhaussen hatt mir geschrieben, daß ihre niepce ihr geschrieben, undt sie ist recht erfrewet über dießen heüraht, hofft, daß dießer heüraht ihren neuveu von alle laster abhalten wirdt undt zum ehrlichen man machen, ist auch fro, daß seine fraw vor ihm wirdt haußhalten konnen, welches er nicht verstehet. Die fraw von Schelm hette vielleicht ihrem neuveu gehrn selber eine dochter geben, woran die Rotzenheusserin nicht gedacht hatt. Umb zu rahten, ob der churfürst zu Braunsweig redoutte halten wirdt oder nicht, so müste ich vorher wißen, ob die personnen, so deß churfürsten gnaden haben, die redoutten lieben oder nicht. Lieben sie sie, so wirdt ma tante gewinen; wo nicht, so gewindt Ihr, liebe Louisse! Vor alle gutte wünsche zu dem Christfest undt neüjahr sage ich Eüch von hertzen danck undt wünsche Euch hergegen alles glück, seegen, gesundtheit undt mitt einem wort alles, waß Ihr Eüch selbsten wünschen undt begehren moget, undt seydt versichert, liebe Louise, daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalten werde!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 4. Januar 1711 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 223–224
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0506.html
Änderungsstand:
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