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Versaille den 1 Februari 1711.
Hertzliebe Louise, vorgestern habe ich 2 schreiben auff
einmahl von Eüch entpfangen vom 12 undt 17 Januarie. Ich habe
heütte nicht zeit genung, auff beyde zu andtwortten, werde nur daß
erste beantwortten, dazu in großer eyll, den ich muß noch 3 brieff
vor dem nachteßen schreiben, undt biß donnerstag werde ich auff
daß zweyte andtworten, undt seydt versichert, daß, weillen meine
schreiben Eüch lieb undt ahngenehm sein, werde ich Eüch deren
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so viel schicken, alß mir möglich sein wirdt. Es ist mir leydt, daß,
waß mir so woll bekommen, Eüch auch nicht helffen können.
Hirbey kompt eine butteille vom weißen baume,
[1] nur umb zu
versuchen; befindt Ihr Eüch woll dabey, werde ich Eüch kein mangel
davon laßen. Mein fuß thut mir bey dießer abscheulichen frost
recht wehe, aber mein husten ist gantz courirt. Ich muste,
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sonsten wer ich lahm worden, weillen die glairen
[3] sich in den
knochel ziehen, den er krachte wie ein alter wagen. Waß den
hoffdamen ahnbelangt, so war es nicht schwer zu errahten, den
ahn allen orten seindt selbige sachen auff Einen schlag, also wer
eines gesehen, sicht alle andere. Aber es wird spät, ich muß
enden. Adieu, hertzliebe Louise! Ich ambrassire Eüch von hertzen
undt werde Eüch all mein leben lieb behalten.