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Brief vom 28. März 1711

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


517.


[237]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hanover.

Versaille den 28 Mertz 1711.
Hertzallerlieb Louisse, daß landt ist hir gar zu verdrießlich mitt allen contretemps. Ich habe abermahlen wider meinen willen 2 posten sein müßen, ohne Eüch zu schreiben können undt auff Ewer 2 schreiben vom 23 Februari undt 13 Mertz zu andtworten. Ich hatte donnerstag schon die feder in der handt, alß ich eben die betrübte zeitung bekamme, daß mein erste cammerfraw, so bey mir ist, seyder ich in Franckreich bin, undt gar eine gutte ehrliche fraw war, ist gar plötzlich gestorben. Dinstag fuhr sie zu ihrer schwester nach Triel,[1] war ihr leben nicht lustiger noch gesünder geweßen, versprach, gar gewiß donnerstag zu gutter zeit wider hir bey mir zu sein. In der selben stundt, daß sie wider kommen solte, erfahre ich ihren todt. Daß ist mir so zu hertzen [238] gangen, daß ich ohnmöglich habe schreiben könen undt wider auff heütte verschieben müßen. Gott gebe, daß ich heütte außschreiben mag! Den morgen werden wir wenig zeit haben, den wir werden den gantzen tag schir in der kirch sein müßen. Ich fange bey Ewer schreiben vom 13 Mertz ahn. Ey, liebe Louise, last unß schreiben, wen wir können, undt keinen tag mehr halten! Ach, da kommen wider verhindernüßen.
Sambstag umb 11 uhr abendts.
Wen ich Eüch, liebe Louisse, nicht noch ein par wordt sagte, konte ich nicht woll schlaffen; den es erstickt mich, daß [ich] Eüch nicht schreiben kan. Es ist ungefehr geschehen, daß sich mein paquet ahn Eüch außer ma tante paquet gefunden. Ich weiß meinem vettern, printz Wilhelm, recht danck, so gern zu Hannover zu sein. Mein gott, wie glücklich finde ich meinen vettern, nicht allein noch vatter undt mutter zu haben, sondern auch zu seiner fraw schwester zu gehen können, wen er will, undt ma tanten auffwartten, welches ich vor eins von den grösten glück von der weldt halte! Solte er noch zu Hannover sein, bitte ich Eüch, liebe Louise, I. L. vor dero ahndencken zu dancken undt zu sagen, das ich von hertzen den frieden wünschen, umb die freüde zu haben, I. L. wider zu sehen; den ich habe ihn von hertzen [lieb] undt wünsche ihm alles guts. Alles rüst sich nun wider zum krieg. Ich bitte Euch, schreibt mir, wie Ihr den weißen balsam braucht! Verleydt mir gott daß leben, nach den fest[t]agen werde ich Eüch, weils Eüch, liebe Louisse, woll bekompt, noch mehr schicken, drumb so sparts nur nicht! Ich werde baldt wider frisches bekomen. Ihr thut gar woll, es nur, wozu es recht gutt ist, zu gebrauchen. Die verstorbene graffin Platten[2] hatt daß weiße a la mode zu Hannover gemacht, hatts auch einen von meinen cammerweiber gelehrnt, Jeme[3] dochter, die nun einen edelman geheüraht hatt. Rodt leügnet niemandts undt ist doch auch schminck wie daß weiße. Von Ewerm festin kan ich auch nichts mehr sagen, alß daß ich mich recht von hertzen dabey gewünscht habe. Unßer herrgott wirdt Churpfaltz wegen seinen ungerechtigkeyt ahn Eüch straffen. Ich wolte, daß man mir Ewer silbergeschir zugesprochen hette, Ihr würdets baldt wider haben. Es ist [239] eine rechte schandt, waß Churpfaltz ahn Eüch thut. Freyllich hatt man mir alles genohmen. Die haar solten Eüch zu berg stehen, wen ich Eüch verzehlen solte, wie man in allem hir mitt mir umbgangen ist undt noch umbgeht; es ist aber ohnnohtig, davon zu reden, auch lautt es so unglaublich, daß man mich vor hipocondre undt miltzsuchtig halten solte, wen ich es verzehlen solte. Man hatt mir die flügel mitt fleiß so beschnitten, daß, wen ich gleich mein herr undt meister were, würde ich doch nicht reißen konnen. Man hatt mir ein ohl von cocao versprochen, so von den inßelen de la Guadeloupe kompt, so man versichert meine knie heyllen solle. Wo es nicht thut, werde ich den beaume du Peru versuchen. Aber worin muß man ihn zerlaßen? Den von sich selber wirdt er gleich hart wie horn. Ich muß auch aufhören zu schreiben. Morgen muß ich umb 10 in kirch. Adieu, liebe Louisse! Morgen abendt werde ich noch woll ein stündtgen finden, Eüch zu entreteniren.
Hertzliebe Louisse, es ist sontag, ich bin heütte 5 stundt in der kirch geweßen. Ich kan ohnmoglich mehr sagen, alß daß ich Eüch ambrassire undt von hertzen lieb behalte.
Ich kan ohnmoglich diß gekritzel überleßen. Entschuldigt die fehler!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 28. März 1711 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 237–239
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0517.html
Änderungsstand:
Tintenfass