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A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Paris.[1]
Marly den 26 April 1711.
Hertzallerliebe Louisse, je mehr ich mir vornehme, Euch einen
großen brieff zu schreiben, je weniger kan ich dazu gelangen. Es
erstickt mich recht, jedoch so hoffe ich, heütte noch auff Ewern
lieben brieff vom 13 zu antwortten, aber gar in eyll, den es ist
schon halb 8ten undt ich muß noch nohtwendig vor dem eßen noch
4 brieff schreiben. Nachts zu schreiben, gibt mir nicht die geringste
mühe, aber weillen es Eüch in sorgen setzt, liebe Louisse, will ich
es nicht mehr thun undt Eüch alle posten nur schreiben, viel oder
wenig, nachdem die zeit mir es zulest. Waß mir heütte so viel
zeit benohmen, ist deß keyßers
[2] todt, so auch, wie Ihr nun schon
wißen werdet, ahn den kinderblattern auch gestorben ist so woll
alß unßer Dauphin. Jedes ist herrein kommen, davon zu reden.
Die 2 keyßerinen
[3] jammern mich woll von hertzen, den es ist
ein abscheülich unglück vor ihnen. Vergnügt kan ich woll in mir
selber sein, aber nicht von den tractementen, so ich hir entpfangen,
muß doch gedult nehmen. Alles geht in dießer weldt undt wir
selber; worumb solte ich mich den umb diß alles quellen? Ich
stelle unßer herrgott alles heim. Ich habe noch 3 bouteillen von
dem weißen baume gantz fertig; schreibt mir, ob ichs Eüch schicken
solle! Da schlegt es 8ten, ich muß wider meinen willen schließen,
nur daß noch sage, daß ich meinen docktor nie consultire, ich seye
dan recht kranck. Im überigen, wen mir waß wehe thut, thue ich,
waß ich ahm besten meine.
[4] Ich habe leyder nie gelegenheit
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gehabt, Eüch, liebe Louisse, zu obligiren. Waß bißher geschehen,
war justice undt keine gnade, bedarff also keiner recognoissance.
Wolte gott, ich konte Eüch dinen! Wolte es gern thun undt Eüch
von hertzen versichern, daß ich Eüch allezeit lieb behalte.