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Brief vom 14. Januar 1712

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


539.


[267]
Versaille den 14 Januari 1712.
Hertzallerliebe Louisse, damitt Ihr doch alle posten zeittung von mir haben möget, weillen mein ohneinletztes schreiben Eüch so sehr allarmirt hatt, so will ich nicht mehr betrachten, ob ich auff Ewer liebes schreiben werde andtwortten können oder nicht, sondern nur meinen zustandt berichten. Nachdem ich nahe bey 4 wochen geweßen, ohne nichts von Eüch zu entpfangen, habe ich gestern daß vergnügen gehabt, ein groß paquet von Eüch zu entpfangen vom 29 December undt dießen abendt hatt man mir noch eines auch vom 29 undt vom 2 dießes monts gebracht, welches ich noch nicht habe leßen können, weillen ich [es] eben in vollem schreiben ahn ma tante, unßere liebe churfürstin, entpfangen, aber ich werde nicht nach bett gehen, ohne selbiges zu leßen. Ich dancke Eüch sehr, hertzliebe Louisse, vor die 4 schonne muntzen, so Ihr mir geschickt, welche mir gar ein ahngeneh[m]es pressent sein, den ich hatt es nöhtig in meinen modernen medaillen, sage nochmahls danck davor. Waß meine gesundtheit, eben ist,[1] wie sie war. Wen ich sitze, finde ich weder schmertzen noch uhngemach; gehe ich aber ein wenig starck, kan ich mich nicht erschnauffen, undt schlaffe leicht ein. Ich aber meße alles meinem alter undt dicke zu, die docktoren aber wollen mitt aller gewalt, ich hette gefahr [268] umb schlag undt von der waßersucht. Ich will in gottes nahmen erwartten, waß drauß werden wirdt. Ich recomandire morgendts undt abendts meine sehle unßerm herr, ergebe mich in seinen willen, bitt umb vergebung meiner sünden durch Jessum Christ, vertrawe auff sein einigen verdinst, ruff ihn allein ahn undt vertraw auff ihm allein, bitte den heylligen geist, meinen glauben zu starcken, undt gehe damitt getrost undt ohn forcht meines wegs fort. Man rufft mich. Erster tags ein mehrers, so sterben wir heutte nicht, wie jungfer Colb[2] alß pflegt zu sagen. Ich betele noch umb ein schachtel mitt Franckforter pillen, worumb man mich hir plagt, undt bitte Eüch, liebe Louisse, zu glauben, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte undt daß biß ahn mein endt.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 14. Januar 1712 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 267–268
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0539.html
Änderungsstand:
Tintenfass