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Brief vom 10. Juli 1712

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


556.


[285]
Marly den 10 Julli, umb 9 abendts, 1712.
Hertzallerliebe Louisse, ich kan mich nicht resolviren, von hir zu reißen, ohne daß Ihr noch von meinen schreiben entpfangen moget, werde aber in gar großer eyll auff Ewer liebes schreiben andtworten, so ich heütte entpfangen. Meine brieffe ahn Eüch, liebe Louisse, sollen nie keine dancksagung verdinnen. Es ist gar zu naturlich, daß wir einander schreiben, undt es kost mir nie mühe, zu schreiben, wen ich nicht gezwungen schreiben muß, noch complimenten machen. Eine ligne ahn die ver[wi]tibte konigin in Spanien kost mir mehr mühe, alß 20 bogen ahn ma tante oder ahn Eüch. Last unß nicht mehr von den bagatellen sagen, so ich Eüch geschickt! sie seindt der mühe nicht werdt. Gibts frieden, hoffe ich, Eüch mitt dergleichen neuichkeiten zu amussiren. Les petits pressent entretiene l’amitie, sagt man hir im sprichwordt. Es freüdt mich, daß mein gutter freündt Jochem Henderich einen schonen stühl von ma tante bekommen; den ich wünsche ihm alles vergnügen undt ich lobe Eüch, ihm diß zu wegen gebracht zu haben. Wie solte vergeßen werden, waß vor Eüch sein solle? Ihr kont doch ja mahnen. Gott sey danck, daß ma tante wider woll! Gegen I. L. laß ich mich nichts mercken, den sie hats nicht gern; [286] aber unter unß, wen die liebe churfürstin daß geringste hatt, zittere ich vor angsten wegen ihr großes alter. Gott gebe, daß sie mir noch 30 jahr lang mag so bang machen! Daß weiße pulver, so I. L. nehmen, ist es nicht meledy-Kendt-pulver, umb zu schwitzen? Ist es pirlen, so ich[1] die colique geben, oder ist es ein durchlauff met verlöff? Daß ist eine heßliche undt wüste manir, daß man alle auff einmahl kranck will werden, da wolte ich vor gebetten haben. Meine boße knie undt füße, glaube ich, werde ich woll allezeit behalten. Ich kan ohnmoglich in kein badt reißen, es seye nahe oder weidt, habe nicht gelt genung dazu. Wens auch gleich friede were, dorfft ich doch nicht reißen. Biß nach Paris streiffen printz Eugen troupen nicht, daß were zu grob, aber woll in Champagnen, pais messin undt Picardie. Ich weiß nicht, wen der frieden kommen wirdt, allein bißher ist der ahnstalt schlegt dazu. Gibt mir gott daß leben, daß ich wider von Fontainebleau komme, will ich le beaume noir du Peroux versuchen. Adieu! Seydt versichert, liebe Louisse, daß ich Eüch nicht weniger zu Marly liebe, alß ich zu Petit-bourg undt Fontainebleau thun werde! Adieu! Ich ambrassire Eüch von hertzen.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 10. Juli 1712 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 285–286
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0556.html
Änderungsstand:
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