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Brief vom 8. Dezember 1712

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


566.


[295]
Versaille den 8 December 1712.
Hertzallerliebe Louise, alle Ewere liebe schreiben habe ich gar woll undt mitt Vergnügung entpfangen, habe aber ohnmöglich eher, alß heütte, drauff antwortten können; den seyder Marly hatt man mich 5 mahl purgirt, welches mich unerhört abmatt. Weillen man mich so absolute verspricht perfect zu heyllen undt couriren, wen ich ihren raht folgen, so muß ich woll alles folgen, waß man mir proponirt, sonst würde man sagen, daß ich mich durch opiniatretet selber umbs leben bringe. Ich bin beßer, alß ich geweßen; den nun kan ich wider eßen undt trincken ohn ersticken noch schnauffen, daß ich zu Marly nicht konte. Ich kan meine beßerung noch nicht im gehen verspüren; den ich bin so matt undt schwach, daß ich keine kammer lang gehen kan ohne schnauffen, aber auß purer [296] schwachheit; man tregt mich überall in chaisse. Waß endtlich auß dießem allem werden wirdt … Es ist mir recht leydt, daß Ihr auch nicht gesundt seydt. Hettet Ihr nur daß saußen in kopff, würde es mich nicht erschrecken; den die marechalle de Clerembeault,[1] so nun in ihr 80 jahr geht undt die gesundteste fraw von der welt ist, hatt seyder 44 jahren daß saußen im kopff. Wen Ihr es noch 44 jahr behaltet, werdet Ihr Eüch nicht drüber zu beschwehren haben. Ist nicht war, liebe Louisse? Ihr habt mir einen rechten gefahlen gethan, mir die teütsche comedie zu beschreiben, aber Ihr habts zu kurtz abgebrochen. Were ich bey Ewer agabe,[2] würde ich gar nicht brilliren; den ich kan weder thé, caffé, noch chocolatte vertragen,[3] kan nicht begreiffen, wie man es gern drinckt. Thé kompt mir vor wie heü undt mist, caffé wie ruß undt feigbonnen, undt chocolatte ist mir zu süs, kan also keines leyden, chocolatte thut mir wehe im magen. Waß ich aber woll eßen mögte, were eine gutte kalteschal oder eine gutte biersub, daß thut mir nicht wehe im magen. Daß kan [man] hir nicht haben, den daß bier deücht nichts hir. Man hatt auch hir kein braunen köhl noch gutt sawerkraut. Dieß alles eßet ich hertzlich gern mitt Eüch,[4] wolte gott, ich konte so glücklich werden! Aber man rufft mir zur taffel, muß wider willen schließen. Von den frantzoschen ragoust es ich kein eintziges. Adieu, hertzliebe Louisse! Ich hoffe, wen meine krafften mir wider werden kommen sein, Eüch fleißiger, alß ich bißher gethan, zu versichern, daß ich Eüch biß ahn mein endt von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 8. Dezember 1712 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 295–296
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0566.html
Änderungsstand:
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