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A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 22 December 1712.
Hertzallerliebe Louisse, ich habe in dießer wochen 2 liebe
schreiben von Eüch entpfangen, ordentlich werde ich nicht drauff
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andtwortten können, den es ist schon gar spät. Gott seye danck,
daß die rückkehr von der Göhr so woll abgangen, alß die hinreiße!
Mein husten fengt ahn, zu vergehen, hoffe, ob gott will, morgen
wider in die kirch zu geben können. Weillen nach meinem calcul
dießer brieff gegen den neüjahrstag ahnkommen wirdt, so wünsche
ich Eüch von grundt meiner seelen ein glückseeliges, friedt- undt
freüdenreiches neües jahr sambt gesundtheit, langes leben undt
alles, waß Ewer hertz wünschen undt begehren [mag], undt nach
hundert jahren ein seeliges endt. Meine gesundtheit wirdt je
lenger, je [beßer]. Ich huste gar nicht mehr deß nachts. Ich schreibe
es einem dranck zu, so man mir alle abendt thun macht, wen ich
zu bette gehen; man nimbt daß gelb vom ey, lest es in waß[er]
undt zucker candie sieden, hernach klopfft man es so lang, biß es
gantz weiß wie eine milch wirdt, undt drinckt es, so warm man
es leyden kan. Ich bin noch sehr matt von dem starcken husten,
so ich gehabt, undt von allen den remedien, so ich habe brauchen
müßen, ein clistier, 7 medecinen in pillen undt 2 aderlaß undt
dießes alles in 6 wochen zeit. Ich muß wider willen schließen,
ambrassire Eüch von hertz[en] undt behalte Eüch all mein leben von
hertzen lieb.