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Brief vom 8. Juli 1713

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


583.


[317]
Versaille den 8 Julli 1713.
Hertzliebe Louise, ob ich zwar heütte zu einer dopelten verlobnuß[1] gehen muß, so hoffe ich doch nicht, daß es mich hindern solle, auff Ewer schreiben vom 22 Juni zu andtwortten. Ihr habt mir einen rechten gefallen gethan, liebe Louise, mir auch eine relation von der reiß zu thun. Ich glaube, daß es dem gutten hertzog von Braunsweig muß gefahlen haben, daß ma tante so eyllig ahnkommen, den daß erweist die freüde, so I. L. haben, dort hinzukommen. Ich muß gestehen, daß ich gern gar geschwindt fahre, undt führt man mich schrit vor schrit in der kutsch, wirdt mir recht übel, aber nie, wen ich geschwindt fahre.[2] Ich bin recht fro, zu vernehmen, daß das starcke renen ma tante nicht [318] incommodirt hatt; den daß [ist] ein zeichen, daß I. L. noch bey ihren kräfften sein, welches mir ein großer trost ist. Mich deücht, es ist nichts ungemächlichers, alß in der kutschen eßen. Von panaden[3] halt ich nichts; den ich kan keine panade vertragen, weillen fleischbrühe drinen ist, die mein magen gar nicht vertragen kan.[4] Mich wundert, daß ma tante sich nicht in der kirbe aufgehalten hatt, den daß amussirt. Ich weiß es gantz frisch, den es seindt viel kramer von allerhandt sagen herkommen, die haben allerhandt bijoux gebracht vor die neüe eheleütte. Ich habe nicht laßen können, sie alle zu sehen, undt weillen Eüch[5] die wohlfeyllen sachen so admirirt, so habe ich Eüch noch ein alle-moden-schächtelgen gekauft, so ich Eüch hirbey schicke; wünsche, daß Ihr noch keines so von helffenbein mögt gesehen haben undt daß es Eüch gefahlen mag. Man rufft mich, ich muß zur verlobnuß.
Sambstag um halb 8ten abendts.
Ich komme in dießem augenblick auß der ceremonie von der verlöbnuß. Es hatt anderthalb stundt gewehrt, bin müde, daß ich mich nicht rühren kan; den man muß immer dabey stehen undt die füße schmertzen einem wie auch die knie, daß einer flenen mögt, aber daß ist nun, gott lob, vorbey. Wir haben noch morgen ein langweilliges nachteßen außzustehen, hernach wirdt alles gethan sein. Ich komme wider auff Ewern schreiben. Ich glaube, daß es ma tante, die gar liberal ist, eine freüde wirdt geweßen sein, ursach zu haben, ihr gelt außzuwerffen. Es ist war, daß ma tante mir die gnade gethan, viel von den 3en gallerien zu verzehlen. Mich deücht, daß man allezeit sehr content von der höfflichkeit vom wolffenbuttelischen hoff. Ihr sagt nicht, waß Eüch der marechal de Villar[6] geentwortet hatt. Es war nicht der geringste fehler in Ewerem brieff, liebe Louisse! Da kommen viel leütte herein, muß schließen. Adieu, liebe Louisse! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt behalte Eüch allezeit lieb.
Sontag den 9 Julli.
Heütte morgen, wie ich ahn meiner toillette war, hab ich Ewer [319] liebes schreiben vom 28 Juni entpfangen, kan aber ohnmöglich heütte drauff andtworten. Über 8 tagen, wo mir gott daß leben erhelt, werde ich Eüch zu Marly über 7 tagen antworten. Wir haben nichts mehr von der printzen beylager, alß ein gar langweilliges nachteßen, undt hernach zieht man braudt undt breütigam auß, der könig gibt dem breütigam daß hembt undt die duchesse de Bery ahn die 2 breüt, darnach legt man sie beyde zu bett, ambrassirt sie undt jederman geht auch zu bett.[7] Ich muß auffhören, zu plaudern, den ich muß ma tante brieff außschreiben. Gott gebe, daß ich es thun kan undt daß mir keine verhindernüßen dazwischen komme! Ich schicke Eüch ein wenig cachou, ist gutt, wen man den husten hatt.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 8. Juli 1713 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 317–319
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0583.html
Änderungsstand:
Tintenfass