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Brief vom 19. August 1713

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


589.


[332]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hernhaussen.

Marly den 19 Augusti 1713.
Hertzallerliebe Louise, Ewer liebes schreiben vom 4 dießes monts habe ich letzt verwichenen sontag zu recht entpfangen. Ich weiß nicht, warumb man nun so spät ahm hanoverischen hoff ist;[1] den mich deücht, daß, wens bey einen stehet, daß frühe eßen ahngenehmer undt gesunder ist. Ihr thut woll, Eüch zu hütten, nicht bey dem licht zu schreiben, den nichts ist den augen schädtlicher; alßo bitte ich Eüch, schreibt Ewer leben nicht deß nachts! Meine augen seindt, gott lob, noch gutt, undt ob ich zwar alt bin, brauche ich doch keine brill, leße noch zimlich kleine schrifft. Ich hatte Braunsweig vor Luneburg genohmen undt festiglich geglaubt, die hertzogin von Zell wohne zu Braunsweig, drumb ist ob mir frembt vorkommen, nichts von ihr zu hören. Ich weiß, wie die frantzosche weiber delicat sein undt sich klagen können,[2] also [333] wunderts mich gar nicht, daß die hertzogin von Zelle[3] sich so zärtelt. Madame de Benigsen hette ihr fieber viel lenger gehabt, wen sie es nicht so herumb gespatzirt hette. Den geschmack vom Pirmonter sawerbrunen kene ich woll; im sommer, umb mich zu erfrischen, habe ich gar offt davon gedrunken, schmeckt ein wenig nach dinten. Ich weiß leütte, so ihren kopff verwetten solten, es were eine gallanterie zwischen dem churprintzen undt madame Benignsen, aber weillen Ihr mir so sehr versichert, daß es nicht war ist, glaube ich Eüch. Von monsieur Winde reiß werde ich nichts mehr sagen, daß ist vorbey. Alles ist geendert, wie es zu meiner zeit war, da ritten die edelleütte allezeit zu pferden den kutschen nach. Mich wundert, daß der churprintz undt churprintzes so wenig edelleütte haben; mein bruder s. undt seine gemahlin hatten mehr, wie Ihr woll wist, liebe Louise! Aber es schlegt 10, ich muß zum nachteßen, morgen aber werde ich dießen brieff außschreiben.
Sontag den 20 Augusti umb ein viertel auff 10 morgendts.
Ich habe woll gethan, gestern abendts ahngefangen zu haben, den heütte würde ich mühe gehabt haben, exact zu andtwortten, weillen ich noch ahn ma tante undt ahn mein dochter zu schreiben habe, undt dießen gantzen nachmittag werden wir den auff die haßenjagt mitt parforce-hunden. Ich komme auff, wo ich gestern geblieben war. Ich meinte, der churprintz hette gantz seinen eygen hoff a part mitt seiner gemahlin. Ich gonne dem gutten hertzog von Braunsweig die freüde von hertzen, daß die hertzogin von Bevern einen printzen bekommen, aber es muß der erbprintzes von Wolffenbuttel doch ein wenig schmertzen, daß sie keinen printzen hatt. Es were zu wünschen, daß die keyßerin ihrer jüngsten schwester exempel folgen könte. Ich wünsche, daß Ihr Eüch bei dem Schleünitz mitt Ewerer geselschafft möget lustig gemacht haben, daß ist gesundt undt lange weill macht kranck. In alles, waß ich gemeint, daß Ewerm schwager in den sachen von Coubert schädtlich sein konte, habe ich mich wiedersetzt undt starck solicitirt, daß ist war; aber in der letzten sach habe ich kein part, glaube, daß deß königs justice allein Coubert hatt wider geben machen. Er solte [334] seinen sohn schicken, umb possession davon zu nehmen laßen, so würde ich die freüde haben, ihn zu ambrassiren. Hiemitt ist Ewer schreiben vollig beantwordet. Wir haben gantz undt gar nichts neües hir, werde den nur kurtz endigen mitt der versicherung, liebe Louisse, daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalten werde, ambrassire Eüch von hertzen.
P. S.
Ahn taffel habe ich Ewer liebes schreiben vom 11 entpfangen. Es wundert mich, liebe Louise, daß Ihr mir nichts von ma tante gesundtheit sagt, da I. L. mir doch sagen, daß sie sich so übel befunden, daß man ihr ungerischen wein geben, daß sie sich haben müßen zu bett legen. Daß setzt mich in unaußsprechlichen sorgen. Umb gottes willen, liebe Louisse, so lang ma tante sich nicht woll befindt, so schreibt mir alle posten undt eygendtlich, wie es mitt I. L. ist!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 19. August 1713 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 332–334
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0589.html
Änderungsstand:
Tintenfass