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Brief vom 7. Januar 1714

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


616.


[360]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hanover.

Versaille den 7 Januari 1714.
Hertzallerliebste Louisse, vor 8 tagen wolte ich auff Ewer liebes schreiben vom 22 December 1713 andtwortten undt Eüch [361] ein glückseeliges neües jahr zu wünschen, aber wegen daß neüe jahr so habe ich nicht dazu gelangen können, bin so offt interompirt worden, daß ich auch nicht ahn mein dochter habe schreiben können alß nach dem nachteßen. Vergangen donnerstag war mirs auch ohnmöglich, weillen ich einen großen brieff ahn hertzog Anthon Ulrich zu andtwortten hatte. Gott gebe, daß ich nun nicht möge interompirt werden! Es were mir, liebe Louisse, lieber, wen Ihr die montag-post vor Ewern schreibtag nehmet, alß den freytag; den ordinarie habe ich den donnerstag mehr zeit, alß den sontag, da ich ahn mein tochter zu schreiben habe undt in kirch muß. Seydt versichert, daß Ewere schreiben mir allezeit ahngenehm undt nie beschwehrlich sein! Man muß ein stein sein undt kein mensch, wen man nicht mittleyden mitt Eüch in einer so großen betrübtnuß [hat]. Man würde ein bludtsfrembt mensch in den standt beklagen, will geschweygen den Eüch, liebe Louisse, undt seydt Ihr mir ja nahe genung, umb mich in alles zu interessiren, waß Eüch ahngeht. Die fraw von Weldten habe ich allezeit gar ein gutt undt from mensch gesehen, kan also leicht glauben, daß sie seelig geworden ist. Von heyligen sage ich nichts, den ich habe meinem beichtvatter versprochen, nicht mehr davon zu reden, den die sprach habe ich nicht recht gelernt. Ich weiß nicht, wie man die frantzösche ragoust in Teütschlandt macht, aber hir ist es nichts, alß starcke fleischbrühe, so ich nicht leyden kan, pfeffer undt saltz, daß einem daß maul offen bleibt, undt viel zwibel undt knoblauch durch einander. In einer barben Robert[1] eße ger[n] zwibel, in einem hammelschlägel gern knoblauch, aber mitt all dem andern geschmir schmeckt es mir gar nicht undt ziehe unßere teütsche eßen dießem allen vor. Supen eße ich mein leben nicht wegen die fleischbrüh, so mein magen nicht vertragen kan. Die englische eßen schmecken mir beßer, alß die frantzosche. Ein hun mitt reiß könte ich nicht eßen, den es schmeckt nach fleischbrühe; saffran kan ich auch gar nicht leyden; zu dießen speißen müst Ihr mich nicht laden.[2] Gott gebe, daß das carnaval ma tante kein rodtlauffen, husten, noch schnupen geben mag! Wir haben eine dame hir, so sich lang zu Brussel auffgehalten, sie ist monsieur Daligre[3] dochter undt heist [362] madame de Rupelmonde, die lob[t] sehr die hannoverische offecir. Der frieden ist noch nicht gemacht undt ich werde es nicht glauben, biß ma tante mirs versichert. Ich habe, gott lob, nun eine gutte gesundtheit, habe aber noch erschreckliche schmertzen in den knien undt Schenkel. Vor alle gutte neüjahrswünsch dancke ich Eüch sehr, liebe Louisse, undt wünsch Eüch hergen[4] glück, heyll, [will] sagen alles, waß Ewer hertz begehrt, Eüch nutz undt seelig mag sein, undt seydt versichert, daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 7. Januar 1714 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 360–362
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0616.html
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