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Brief vom 25. Januar 1714

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


620.


[364]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.

Versaille den 25 Januari 1714.
Hertzallerliebe Louisse, ich hatte gehofft, heütte auff Ewere zwey schreiben zu andtwortten können vom 12 undt 8 dießes monts, weillen mein brieff vor ma tante etliche bogen kleiner ist, alß ordinari; allein ich habe einen gar großen husten undt schnupen, daß ich schon 2 tag die cammer halte, also haben mich heütte so [viele] vissitten accablirt, daß ich kaum ma tante schreiben habe endigen können. Die grandeur hatt viel ungemächlichkeit undt wenig guts, aber hirvon were zu viel zu sagen. Ich komme auff Ewer liebes schreiben vom 12. Ich versichere Eüch, liebe Louisse, daß daß paquet von monsieur Fontanieu[1] gar sicher ist überlieffert worden, den ich habe es ihm in eygenen händen geben, ihm dabey gesagt, er solle mir heütte die andtwort geben, welches er nicht gethan. Ich nehme es gar nicht übel, bin fro, wen ich jemandts dinnen kan, thue es von hertzen [gerne], ob ich die leütte schon nicht kene. Davor ist man in der weldt, den negsten zu dinen, wie unß daß evangelion [vom] Samaritter erweist, der den verwunten fandt, welches erweist, daß, die wir nicht kenen, so woll unßere negsten sein, alß [365] die wir kenen. Mitt mir hatt monsieur de Fontanieu nichts anderst zu thun, alß zu ordonniren, welche tapetten man in meinen cammern hencken solle oder nicht, aber es ist gar ein gutter ehrlicher man, der allezeit fro ist, wen er mich nach gefallen meublirt. Hir erlustiren sich die junge leütte mitt bal en masque, dieße nacht ist der tritte geweßen, so gewehrt solle haben von 12 nachts biß 8 uhr morgen. Ich habe keinen gesehen undt werde auch keinen sehen, den ich kan daß ewige menuet nicht leyden undt frag nichts nach masquen[2], lege mich zu bett, wen die andern zum bal gehen. Ich bin fro, daß ma tante nicht offt auff die redoutte geht, den solche ort sein warm undt es frirdt jetzt abscheulich. [Das kann leicht] husten, schnupen undt seyttenstechen geben. Im 20 jahr thut nichts wehe, aber nach 60 alles, daß werde ich nun gewahr. Den [ball] regretire ich gar nicht, aber woll die commedien, so mich mein husten undt schnupen verliehren macht. Dieß nach[t] im schlaffen-gehen werde ich mein ey nehmen, so mir alß so woll bekompt undt nicht übel schmeckt. Hir haben wir abscheüliche histörger vom bal zu Paris. Ein artig jung weib, so schwanger war undt im bal ging, hatt in der pres ein stoß von einem fuß bekommen undt [ist] gestorben wie Popée.[3] Kein keyßer hatt ihr den stoß geben, aber ein fürst von königlichem geblütt, ein junges dolles hünckel. Ich dancke [gott], daß er mein enckel nicht geheüraht, wie seine fraw mutter es gewünscht. Er [taugt] nichts, wie mans auch nehmen mag, undt [hat] eine abscheüliche figur, gantz scheff. Die Rotzenheüßerin hatt 1400 francken mitt sich genohmen. Wie kan sie daß schon verthan haben? Sie soll in Holstein gehen.[4] Hiemitt [ist] Ewer liebes schreiben beantwort, bleibt mir nur überig, zu versichern, daß ich Eüch biß ahn mein endt von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 25. Januar 1714 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 364–365
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0620.html
Änderungsstand:
Tintenfass