[370]
A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Paris.[1]
Versaille den 16 Februari 1714.
Hertzallerliebe Louisse, gestern habe ich Ewer liebes schreiben
von 5 zu recht entpfangen, zweyffle aber, daß ich heütte
ordendtlich drauff werde andtwortten können; den ich habe 26 bogen ahn
ma tante geschrieben undt in einer halben st[unde] gehen wir in
die commedie, die Le malade imaginaire sein wirdt. Dießes stück
ist von allen stücken, so Moliere gemacht, daß, so ich ahm
[371]
wenigsten liebe, aber man muß woll etlich mahl sein, wo der gantze hoff
ist. Heütte werde ich nur ein klein brieffgen schreiben, aber
weillen mein gekritzel Eüch so ahngenehm ist, so werde ich Eüch
wenig posten fehlen laßen. Seindt in ruhen wegen meiner
gesundtheit! Ich bin nun wider gantz woll, Ihr sechts woll, weillen
ich in die commedie gehe. Ohnahngesehen meines abscheülichen
husten undt schnupen, hatt mich doch meine siatique
[2] in der
hüfften undt mein knie-weg
[3] nicht manquirt. Ich glaube, ich
werde endtlich gantz lahm werden, welches mir leydt genung ist,
aber habe doch gott zu dancken, daß ich so lange jahren woll habe
gehen können. Ich fürchte, daß ma tante geschwollener backen
noch ein rest von I. L. rose ist. Aber man rufft mich, in die
comedie zu gehen, muß vor dießmahl schließen undt nichts mehr
sagen, alß daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte.