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A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 19 April 1714.
Hertzallerliebe Louisse, ich habe, wie ich eben von taffel gehen
wolte, habe ich Ewer liebes schreiben vom 9 dießes monts
entpfangen in ma tante paquet. Es kan mich verdrießen, wen ich
höre, daß meine brieff alß zwey undt zwey kommen. Ich kan nicht
begreiffen, wie es möglich kan sein, daß mein brieff vom 11 Mertz
über Bremen gangen ist. Es ist schadt, liebe Louisse, daß Ihr
nicht catholische seydt, den Ihr werdt eine gar eyfferige catholisch,
Eüch so beständig au pied de la lettre
[1] zu halten. Ich würde es
gar nicht übel genohmen [haben], wen Ihr mir gleich einen andern
tag würdet geschrieben haben, den Ewere schreiben seindt mir
allezeit lieb undt ahngenehm; also wen Eüch, liebe Louisse, die
lust zu schreiben kompt, so last die handt undt feder gehen. Der
Montauban Lachaud
[2] ist nicht der, so monsieur De la Hontan
meint. Der die hollandische catholische fraw geheüraht hatt, ist
nicht witwer, seine holländische fraw lebt noch. Seine dochter ist
freüllen bey madame la duchesse du Maine undt sehr geendert.
Dießer ihr vatter heist St. Feriol
[3] de Montauban, ein andere
branche. Er ist auch zu Paris, hatt eine pension vom könig, umb
catholisch geworden zu sein. Mich wundert, daß Ihr ihn nicht
kent. Er sagt, er were, ehe er geheüraht, cammerjuncker bey
mein fraw mutter geweßen undt kene Eüch gar woll, hette Eüch
auch wider im Haag gesehen. Wer nicht heürahten woldt wegen
die viel bößen ehen, so man sicht, müste nie heürahten; es ist wie
ein glückshaffen, muß gewagt sein, oder nie heürahten. Ihr werdt
auß meinen schreiben ersehen haben, liebe Louisse, wie daß mich
deß gutten hertzogs todt recht zu hertzen gangen. Ich muß
gestehen, daß mir der königin in Denemark todt weniger geschmertz[t].
Ich hatte I. M. nur einmahl gesehen, wie ich 7 jahr alt war, undt
seyder gar wenig von ihr gehört, aber der gutte
[4] hertzog habe ich
etlichmahl zu Hannover gesehen, auch zu Wolffenbuttel, undt etliche
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jahr herr haben wir einander offt geschrieben, daß verneüert die
kundtschafft, undt daß der gutte herr sich meiner erinert auff
seinem todtbett, hatt mich recht touchirt. Ma tante undt meiner
vettern von Heßen [wegen] ist es mir recht leydt, den es ist ein
großer verlust vor ihnen. Der könig in Denemarck hatt nicht woll
genung mitt seiner fraw mutter gelebt, umb große consideration
vor dieße verwanten zu haben; aber dieße verwanten thun ihm
mehr ehr ahn, alß er ahn ihnen, ob er zwar könig ist; ihre
conduitte ist tugendthaffter, alß die seine. Ewer liebes schreiben ist
vollig beantwort, nur noch sagen, daß ich ein wenig beßer gehe,
aber daß auffstehen, niedersitzen undt reverentz machen geht noch
gar schlegt. Adieu! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt
behalte Ewch von hertzen lieb.