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Brief vom 29. April 1714

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


644.


[389]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Paris.[1]

Marly den 29 April 1714.
Hertzallerliebe Louisse, heütte morgen habe ich daß vergnügen gehabt, 2 paquet auff einmahl von ma tante zu bekommen; eines war vom 16, wobey Ewer lieber brieff war, undt noch eins vom 20; waß mich aber wunder genohmen, ist, daß man den ersten brieff zu Hannover selber auffgehalten hatt. Man hatt mir noch ein pagen-stückelgen[2] dabey gethan; den man hatt, umb zu weißen ohne zweyffel, daß die zwey brieffe geleßen worden, die blatter gantz verlegt von einem brieff im andern. Daß kan niemandts, alß ein trunckenboldt, gethan haben, bilde mir also ein, daß es der graff Platten seye, aber er mag ma tante brieff, so ich heütte geschrieben, nur wider leßen, so wirdt er sein sach finden. Es ist mir leydt, aber es wundert mich gar nicht, daß Ihr wider einen geschwollen backen habt; bey dem unbestandigen wetter kan es nicht anderst sein. Gott seye danck, daß ma tante ihre rose nicht hatt bey dießem flüßigten wetter! Meine knie füllens auch sehr. Man kan woll die cammer halten mitt den flüßen, aber man solle daß bett nicht hütten, den daß vermehrts gar gewiß. Worumb nehmbt ist[3] kein meladie-Kendt-pulver?[4] Daß macht ja gar woll schwitzen. Ich bin, gott lob, nicht kranck, aber ich leyde viel ahn die knie undt in der lincken seydte. Ich habe es Eüch ja woll gesagt, daß der junge Broglio gar ein ehrlicher mensch ist, hatt verstandt undt weiß gar woll zu leben.[5] Wer hatt den die dolle handel in der Pfaltz ahngefangen? Wo man pfaffen gehör gibt, geht es allezeit gar wunderlich herr, in welcher religion es auch sein mag. Ich hoffe undt wünsche von hertzen, daß Ewere [390] flüße vorbey sein mögen, wen Ihr dießen brieff entpfangen werdet, undt in volkomener gesundtheit sein möget undt lang dabey beharen und persuadirt sein, liebe Louisse, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 29. April 1714 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 389–390
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0644.html
Änderungsstand:
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