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Brief vom 28. Mai 1715

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


707.


[565]
Marly den 28 May 1715.
Hertzallerliebe Louisse, vergangenen donnerstag führe ich nach Paris. Abendts, alß ich eben ins opera gehen wolt, bracht mir monsieur Martini ein paquet mitt einem brieff vom baron Sparr.[1] Der schrieb mir, daß ein schwedischer edelman ihm ein paquet überlieffert hette, so er auß Engellandt vor mich gebracht. Ich dachte gleich woll, daß es daß gar artige agsteinische fläschgen von I. L. der printzes von Wallis sein würde; aber ich dachte nicht, einen brieff von I. L. ahn Eüch zu finden, worinen so gar viel obligente sachen vor mich drinnen stehen, welche[s] mich über die maßen touchirt, ja recht penetrirt hatt. Es ist mir leydt, daß ich nicht expressionen genung finden kan, meine erkandtlichkeit ahn tag zu geben undt mitt welcher estime undt veneration ich I. L. durchauß ergeben bin undt gar gewiß all mein leben sein werde. Es ist gewiß, daß ma tante, unßere liebe fraw churfürstin s., mich durch ihre estime undt tendresse dieße liebe printzessin hatt kennen machen, vor welcher ich schon wegen dero herrn brüder inclination hatte; aber dero gütte vor mich hatt mich deroselben gantz leibeygen gemacht. Also, hertzlieb Louisse, bitte ich Eüch, dießes I. L. auff Ewer bestes vorzutragen. Ihr könt meine danckbarkeit undt erkändtlichkeit nicht genung vortragen; den ich bin versichert, daß ich noch mehr in mir entpfinde. Danckt auch gar dinstlich vor daß artige fläschgen! Daß goltpulver war gantz evaporirt, aber ma tante s. hatt mir zwey schachteln voll geschickt, also kan ich es repariren; werde es all [mein] leben behalten undt verwahren, weillen es mir von so lieber handt kompt. Hertzliebe Louisse, ich dancke Eüch auch gar sehr vor daß ahngenehme pressent, so Ihr mir mittgeschickt habt. Ihr hettet mir woll nichts ahngenehmers Ewer leben geben können, liebe Louisse, undt weillen Ihr gern haar von Ewern verwanten undt leütten, so Eüch lieb sein, habt, so schicke ich Eüch hirbey von mein undt meines bruder s. haar, so er mir vor seinem endt geschickt hatte; ich hoffe, daß es Eüch auch ahngenehm sein wirdt. Hier tragen nur leütte armbandt, so sich piquiren, hübsche händt undt arm zu haben, undt weillen ich gar nicht damitt begabet bin, so trage ich nur armbändt im sack, aber [566] nie ahm arm, habe eygene schachtelen undt beüttel dazu, habe es allezeit bey mir undt betrachte es offt. Adieu, hertzlieb Louisse! Hiemitt ist Ewer schreiben vollig beantwortet. Man rufft mich zur taffel. Gleich nach dem eßen wirdt der churprintz von Sacksen herkommen, umb vom könig abschiedt zu nehmen. Er ist noch gar fest in seiner religion. Adieu, liebe Louisse! In dießem augenblick entpfange ich Ewer liebes schreiben vom 12/23 May; da werde ich aber heütte nicht auff antwortten, den ich habe vorher noch eines vom 16/5 zu beantworten, so ich vor etlichen tagen entpfangen, jetzt aber nur versichern, daß ich Eüch all mein leben von hertzen lieb behalten werde.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 28. Mai 1715 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 565–566
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0707.html
Änderungsstand:
Tintenfass