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Brief vom 30. Juli 1715

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


718.


[598]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Londre.

Marly den 30 Julli 1715.
Hertzallerliebe Louisse, es ist mir etwaß wunderliches mitt Ewerm letzten lieben brieff begegnet. Ich glaube, ich habe Eüch vergangen freytag gesagt, daß ich ihn entpfangen. Sobaldt ich ihn geleßen, habe ich ihn in meine kist gelegt gantz oben. Ich hatte sambstag viel brieff geschriben, so ich von Paris bekommen hatte; die hatte ich, nachdem sie beantwort wahren, vor die kist gelegt. Man rufft mich, im weggehen sagte ich: Brulle ces lettre! zu einen von meinen cammerknechten; der nimbt Ewern brieff auch mitt undt brent ihn auch, kan also ohnmöglich drauff andtwortten. Ich habe braff gezürnt, aber daß gibt mir den brieff nicht wider. Ich habe die dumste teüffel zu kammerknechten, so man in der welt finden kan; alle tag ist etwaß überzwergs. Ich sage alß, wen daß sprichwort war ist: Tel maistre, tel valet, bin ich daß alberste undt soteste mensch von der welt, undt sie meinen doch, daß ihres gleichen nicht ist. Ich bin so gritlich über dieße avanture, liebe Louisse, daß ich heütte nichts rechts sagen kan, alß Eüch nur bitte[n], zu glauben, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 30. Juli 1715 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 598
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0718.html
Änderungsstand:
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