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Paris den 31 December 1715, umb halb 11 abendts.
Hertzallerliebe Louisse, ich bin heütte expresse umb 8
auffgestanden in hoffnung, auff Ewere 3 letzte schreiben zu andtwortten
können, aber daß verfluchte gethuns zu Paris hatt mich darvon
abgehalten. Dießen abendt hab ich Ewer liebes schreiben von 12/23
December bekommen. Ist mir von hertzen leydt, daß Ihr mitt husten
undt schnupen geplagt seydt; ich hoffe aber, liebe Louise, daß es
Eüch so purgiren wirdt, daß Ihr daß gantz jahr drüber in
volkomener gesundtheit sein werdet. Schmirt Ewern magen undt brust,
wofern Ihr den husten noch habt, mitt der pomade divine
[1], so ich
Eüch hirbey schicke, 2 potger auffzuhaben
[2] undt ein kleines in dem
sack zu tragen! Vor den schnupen ist es auch nicht schlim ahn
die naß zu schmiren, wie man daß unschlicht
[3] schmirt, undt es
thut ebenso gutt undt stinckt nicht so sehr. Ich weiß nicht, ob ich
Eüch in meinem letzten schreiben ein glückseeliges neües jahr
gewünscht; aber wen ichs gethan, kan ich doch nicht laßen, es zu
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widerhollen, weillen es eben 12 geschlagen. Ich fange mein
neüjahr mitt Eüch ahn undt wünsche Eüch von grundt meiner seelen,
daß Eüch gott der allmächtige ein glückseliges, friedt- undt
freudenreiches neües jahr, wider eine volkommene gesundtheit vor lange
jahren undt alles [geben möge], waß Ewer hertz wünscht undt
begehrt, undt daß Ihr Ewere niepce noch nach Ew[e]rm sin mögt
verheüraht sehen, ehe Ihr auß Engellandt werdet verreyßen. Ich
dancke Eüch, mir den brieff von den rebellen nachgeschickt zu
haben; mein sohn hatt ihn nicht entpfangen wollen undt
ohnbeantwortet zurückgeschickt.
[4] Es ist gar zu spät, ich muß wider willen
schließen. Mein sohn hatt mich eine stundt auffgehalten, drumb
schreibe ich so spät. Aber spät oder frühe, so versichere ich Eüch,
daß ich im 1716 jahr den 1 Januari [Euch] so lieb habe, alß
vergangen jahr, undt biß ahn mein endt behalten werde.