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Brief vom 3. November 1708

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


2395.


[057] [1]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Heydelberg.

Marly den 3 November 1708.
Hertzliebe Louise, ich weiß auch nicht, ob Ihr mein letztes schreiben entpfangen habt, so ich Eüch den 25 October geschrieben habe; aber umb die Versprechung zu halten, so ich Eüch gethan, hinfüro fleisicher zu schreiben, alß ich bißher gethan habe, so werde ich hinfüro endtweder ahn Eüch oder ahn Amelise alle sambstag schreiben. Wolte gott, es were mir erlaubt, Eüch ein reißgen zu besuchen können! Ihr würdet mich baldt zu Heydelberg sehen; aber wen man ein schlaff ist, kan man nichts undt ist sein eygen person nicht meister. Ma tante, unßere liebe churfürstin, hatt mir eine greüliche angste eingehabt.[2] I. L. haben starck brustwehe mitt einem großen husten gehabt, daß sie 5 tag daß bett gehütt hatt, welches viel vor I. L. ist. Es war mir woll leydt, daß Ihr, liebe Louisse, nicht mehr dort seydt, umb eygendtlich zu wißen, wie alles [steht]; den ma tante sagt nichts oder gar wenig, wie es ihr ist. Gott der allmachtige wolle sie noch lange jahre behütten! Ich bin heütte ein wenig auff die hirschjagt gefahren, umb zu suchen, ob ich meine trawerige gedancken vertreiben konte, aber es will noch nicht ahngehen. Ich bitte Eüch, schreibt mir fleißig! Den daß weist mir noch, daß doch alles, waß ich lieb habe undt mich lieb hatt, noch nicht todt ist. Die fraw von Ratsamshaussen wirdt biß dinstag wider nach Strasburg, welches mir recht leydt ist. Hette sie nicht so viel zu Strasburg in ihrer famille zu thun, würde ich sie nicht weg gelaßen haben; sie ist von gar gutter geselschafft undt allezeit lustig. In ein tag 14 oder auffs langst 3 wochen hoffe ich, daß ich meinen lieben sohn wider bey mir habe; daß, hoffe ich, wirdt mich wider in gutten humor setzen. Ich weiß gantz undt gar nichts neües; daß die statt Lisle über undt die cittadelle noch belagert ist, sonsten weiß ich [058] vor dießmahl nichts. Alles ist nun gar trawerig undt langweillig, kan also nichts zeitvertreibliches verzehlen undt ich muß auch enden; den mein brieff muß noch dießen abendt auff die post von Versaille. Ambrassirt Amelisse von meinetwegen! Über 8 tag werde ich ahn sie schreiben undt Eüch beyde versichern, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 3. November 1708 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 57–58
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b2395.html
Änderungsstand:
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