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Brief vom 15. Dezember 1716

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


795.


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Paris den 15 December 1716.
Hertzallerliebe Louise, vergangenen sontag hatt man mir Ewer liebes schreiben vom 22 November / 3 December entpfangen,[1] so ich schon freytag hette haben sollen; ich sehe aber, daß meine brieff noch doller gehen, indem Ihr keinen von den meinen entpfangt, da ich doch seyder 3 wochen allezeit 2mahl die woch ahn Eüch geschrieben; also müßen Eüch 6 von meinen brieffen außstehen. Ich bitte, last mich wißen, wen Ihr sie werdt bekommen haben, insonderheit ein kurtz dick paquetgen, worinen ich Eüch ein klein bottenbrott schicke vor die gutte zeittung, die Ihr mir bericht, daß I. L. unßere liebe printzes von Wallis außer gefahr! Gott erhalte I. L. lange jahren in volkommener gesundtheit! Es geht zu Paris eine dolle zeitung von dießem hoff; man sagt, daß eine englische dame d’honneur, so eine witwe ist, schwanger vom printzen von Wallis sein solle. Ich bitte Eüch, liebe Louise, sagt mir, ob es war ist oder nicht! Solte es war sein, würde ich die printzessin von hertzen beklagen; den ob I. L. zwar weder jalous sein, noch sein wollen, so kan doch ein solcher esclat in seinem eygenen hauß nicht gefahlen, undt alle Engländer sein hoffartig undt haben wunliche köpffe; könte also woll waß unahngenehmes vor die printzes zu wegen bringen, welches mir von hertzen leydt sein solte; mitt einem wort, von huren kompt nie nichts gutts, würde also die gutte printzes woll von hertzen beklagen, wofern es war ist. Mein gott, liebe Louisse, wie fangt Ihr Ewer schreiben so gar alber ahn, wen Ihr sagt, daß ich Ewerer lieben schreiben baldt müdt werde werden! Wirdt man den dern brieffen mütt von leütten, die man lieb hatt? Ich bin willens, recht drüber zu zürnen undt allemahl, wen Ihr mir solche alberteten vorbringen werdet. Daß ich gern [049] zeittung von der printzes von Wallis habe, daß ist gar wahr; aber daß hindert nicht, daß mir Ewere schreiben doch auch ahngenehm sein, wen gleich die printzessin von Wallis wider schreiben wirdt. Daß ich nicht allemahl exact drauff andtwortte, ist meine schuldt nicht; wen Ihr sehen solt, wie viel verhindernüße mir taglich vorfahlen, so würdet Ihr noch verwündert sein, daß ich so viel schreibe. Zum exempel gestern abendts umb 4, nachdem ich ein we[n]ig nach dem eßen auß gewohnheit geschlaffen hatte, gegen 4 kame die kleine printzes de Conti herein mitt ihrer dochter, sagte alß: Il ne faut pas arester, s’est une des vos grandes journée d’escriture, undt bliebe doch eine gutte stundt da sitzen. Sie war nicht so baldt weg, so kam ihre fraw mutter, madame la princesse, mitt mademoiselle de Clermont, ihr enckel, die bliebe 2 gutter stundt dar. Die war nicht so baldt weg, so kam duchesse de Berry, die bliebe eine gutte halbe stundt dar. Die war nicht so baldt weg, so kam mein sohn; ich habe ihm ein pasport vor die personnen gefordert, da Ihr mir ein memoire von geschickt habt. Er hatt mir versprochen, mir den pasport biß freytag zu geben; gibt er mirs, so werde ichs Eüch unfehlbar schicken. Ich komme nun auff Ewer liebes schreiben; den Ihr werdet gnugsam ersehen haben auß waß ich schon gesagt, wie wenig zeit ich vor mich selber zu Paris habe. Mich wundert, daß I. L. die printzes von Wallis meine schreiben nicht entpfangen hatt; den ob ich zwar kein schreiben von I. L. habe haben können, so habe ich doch kein eintzige post verfehlt. Ich hoff, man wirdts ihr endtlich noch geben; ich glaube, der Torcy thut es mitt fleiß, umb mich mitt der printzes zu brouilliren undt I. L. weiß zu machen, daß ich nicht in sorgen vor sie geweßen undt nichts nach ihr frage. Er ist zu mir kommen; hofflicher weiß habe ich ihm meine meinung gesagt. Er ist feüerroht worden undt hatt gesagt, es were seine schuldt nicht, wen die brieffe zu spat kommen. Ich lachte undt sagte: Ihr sagt ja selber, die schreiben vom 7 wehren ahnkommen, jedoch habe ich meinen brieff nicht undt ich bin gar gewiß, daß die raugraffin nicht gefehlt hatt, zu schreiben; also muß man mir ja woll mein paquet auffhalten. Solche poßen machen einem recht ungedultig; aber waß solle ich weitters davon sagen ? Es ist kein mittel dazu. Daß die printzes sich schon sontags in die gefahr geben wirdt, gar zu starcke geruch zu richen, welches recht gefährlich ist! Mich wirdt woll unerhort verlangen, [050] biß ich vernehme, wie es abgangen. Hette ich die parfum nicht vertragen können, were ich lengst todt; den in allen meinen kindtbetten ist mein herr mitt parfumirte spanische hendtschu zu mir kommen. Ich bin noch nicht courirt; wen man Eüch mein schreiben gibt, so ich letzt verwichenen freytag geschrieben, so werdet Ihr drauß ersehen, liebe Louisse, wie man mich vergangenen mitwog noch so starck purgirt hatt, daß ich gantz matt davon bin. Meine knie thun mir weher, alß nie, aber die bein seindt ein wenig beßer undt weniger geschwollen, alß sie wahren. Mein dochter meint, mich gantz zu couriren, aber wen ich Eüch die gründtliche warheit sagen solle, liebe Louisse, so habe ich gar wenig hoffnung dazu; die zeit wirdt lehren, wer recht hatt. Meine schmertzen in den knien seindt nicht continuirlich, aber hir im landt halten die dockter nichts, große schmertzen zu lindern, alß opium. Mich wundert, daß man Amelise keinen geben hatt, ihre schmertzen zu lindern. Unßer[e] stunden seindt gezehlt, wie Ihr woll wist; man kan sie nicht überschreitten, waß man auch thun mag, es muß sich alles dazu schicken; daß setzt mich gantz in ruhe, liebe Louisse! Ich thue, waß man von mir begehrt, umb nicht geplagt zu werden; aber ich weiß woll, waß ich davon gedencke. Aber daß ist gewiß, daß wen man die remedien zu spät thut, können sie nicht helffen. Den bal habe ich mein leben nicht geliebt, umb frantzösch zu dantzen; den nichts ist mir unleydtlicher, alß einen menuet dantzen zu sehen; commedien aber sehe ich gern, sie mögen von kindern oder großen leütten [gespielt werden]. Ich zweyffle nicht, daß die printzes von Wallis die offre ahnnehmen wirdt die artige kinder, daß wirdt auch ein divertissement vor die kle[i]ne printzesger. Ich habe Eüch schon gesagt, daß ich Eüch biß freytag den pasport schicken werde, so Ihr begehrt. Wir haben nichts neües hir. Ich glaub, ich hab Eüch schon gesagt, wie die comtesse de Roucy gestorben. Adieu, liebe Louisse! Biß die reye ahn mich kompt, werde ich Eüch von hertzen lieb behalten.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 15. Dezember 1716 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 3 (1874), S. 48–50
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d03b0795.html
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