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A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Londre.
Paris den 2 Februari 1717 (N. 9).
Hertzallerliebe Louisse, dießen abendt umb 8 uhr bin ich mitt
zwey von Ewern lieben schreiben erfrewet worden vom 15/25 undt
18/28 Januari, bin fro, daß sich alle meine brieffe gefunden haben
undt keine verlohren gangen sein, undt weillen Ihr mir versichert,
daß ich Eüch im Januari 8 brieff geschrieben, so zeichne ich nun
9 undt werde so fortfahren. Worumb wolt Ihr erschrecken, wen
Ihr mir schreibt? Ey pfui! hirüber muß ich Eüch zürnen. Habe
ich Eüch nicht hundertmahl gesagt, daß Ewere schreiben mir
allezeit lieb undt ahngenehm sein? Warumb wolt Ihr den die albere
façon machen, Eüch zu ängstigen, wen Ihr mir schreibt? Ob es
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zwar war ist, daß ich sehr in sorgen vor die printzes von Wallis
geweßen undt mitt ungedult zeittung von I. L. erwart, so hindert
daß nicht, daß ich auch gern zeittung von Eüch, liebe Louisse,
habe. Ihr sprecht mitt mir, alß wen Ihr mir ein bludtsfrembts
mensch wehret; warumb daß, liebe Louise? Schreiben schadt [mir
nicht], wen ich nur nicht zu spät schreibe; also wen Ihr Eüch nur
mitt kleinen brieffen behelfft, werden Eüch keine fehlen. Mein
apetit ist, gott lob, zimblich widerkommen, ich schlaff auch beßer;
aber meine starke in den beinen kommen nicht wider undt alle
abendt geschwellen sie noch, mein urin ist auch noch heßliche farb
undt dick. Ich eße abendts aber gar wenig undt befinde mich woll
dabey; wen ich nicht zu fiel fast, verspüre ich mein leben kein
magenwehe. Ich lache nie über remedien-rahten; waß einen nicht,
hilfft den andern. Es ist spät; adieu, liebe Louisse! Ich
ambrassire Eüch von hertzen undt behalte Eüch allezeit lieb.